NGZ vom 28.11.2003
Bündnisgrüne baten ins Neusser Zeughaus zu einer Diskussion über den Schutz des ungeborenen Lebens
"Übereinkunft über ethische Werte"
Zu einer Podiumsdiskussion zur Pränataldiagnostik hatte der Kreisverband der Bündnisgrünen auf Anregung der Vereinigung "Frauen beraten Frauen/Donum Vitae Neuss" in das Zeughaus der Kreisstadt eingeladen.
Zahlreiche Zuhörerinnen und Zuhörer verfolgten die Diskussion mit dem Podium, in dem vertreten waren: Dr. Helena Jung, Ärztin für medizinische Genetik und Psychotherapie aus Köln, Dr. Christiane Woopen, Donum Vitae NRW und Mitglied des Nationalen Ethikrates, die frühere Staatssekretärin Christa Nickels MdB von den Bündnisgrünen, der CDU-Kreisvorsitzende Hermann Gröhe MdB.
Die Moderation hatte der Kreistagsabgeordnete Martin Kresse (Grüne) übernommen. Er ließ zu Beginn der Diskussion zunächst die Begriffe klären. So will Christiane Woopen die Bemühungen um Schwangerschaftskonfliktberatung und Pränataldiagnostik nicht eingegrenzt wissen auf die Untersuchung und Beratung nach Einnistung des Fötus im Uterus. Wichtig sei es, schon in Elternhaus und Schule zu einem positiven Verhältnis zum Körper und einer ganzheitlichen Aufklärung zu kommen.
Woopen berichtete vom Angebot für Risikoschwangerschaften von Donum Vitae in Düsseldorf. Sie regte an, dass der Gesetzgeber zwischen dem Hinweis an eine Frau auf die Schädigung ihres Fötus und einem möglichen Schwangerschaftsabbruch einige Tage als Frist vorschreiben sollte. Dann könne es nicht zu übereilten Reaktionen kommen.
Für Dr. Helena Jung ist in ihrem Beratungsalltag das sich Einlassen auf die massive individuelle Konfliktsituation und die Entscheidungsnot der Frau allein entscheidend, was schwer im politischen Raum vermittelbar sei. Sie plädierte für eine umfassende und konkrete Information an die betroffene Frau über den Umfang der Schädigung des Ungeborenen. Dies führe zwar oft zu einer Schockreaktion, bilde aber auch die Grundlage für eine vertrauensvolle und verlässliche Beratungsbeziehung, denn Betroffene suchten wahrheitsgemäße Informationen. Nur so könnten sie selbst in einer ausgiebigen Beratung zu einer Entscheidung kommen. Politik müsse sicherstellen, dass das finanziert werde.
Hermann Gröhe sieht die Notwendigkeit, die psychosoziale Beratung zu verbessern und grundsätzlich mehr über "die Heiligkeit des Lebens" zu sprechen, um gesellschaftliche Akzeptanz auch für nicht so leistungsfähige oder behinderte Menschen zu erreichen. Gröhe sieht auch rechtlich Handlungsbedarf. Er hält es für unerträglich, das die medizinische Indikation Spätabtreibungen von lebensfähigen Säuglingen ermögliche, wobei von den Medizinern betont worden sei, dass sie normalerweise dann alles unternehme, Leben aufrecht zu erhalten.
Christa Nickels sieht für das Problem der Spätabtreibungen noch keine Lösung, da eine Novelle des Abtreibungsparagraphen schwerlich im politischen Raum konsensfähig sei. Und auf Grund der Rechtslage, dass eine mögliche Abtreibung nur nach Beratung zulässig ist müsse man ableiten, dass der Staat deswegen auch die angemessene Finanzierung von umfassender Beratung sicherzustellen habe.
Sie ermutigte auch gerade angesichts des Zusammenwachsens in Europa und angesichts der Globalisierung zu einer intensiven gesellschaftlichen Diskussion über allgemein verbindliche ethische Werte zu kommen. Deutschland habe da durch das historische Erbe der Vernichtung unwerten Lebens unter den Nazis eine hohe Sensibilität.
"In einer säkularisierten Welt ist die Theologie nicht mehr alleiniger Grenzgeber, sondern der zivilgesellschafliche Diskurs muss zu einer einverständlichen Übereinkunft über ethische Werte führen", sagte Martin Kresse, der anschließend eine rege wahr genommene Diskussion leitete.
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