Rede zur Eröffnung der Ausstellung Deportation ins Getto am 11.09.2014  in der Jugendkirche Mönchengladbach von Martin Kresse, Katholikenrat

Ich darf Sie im Namen des Katholikenrates der Region Mönchengladbach recht herzlich zu dieser Ausstellungseröffnung begrüßen und Ihnen für Ihr Interesse danken.

Diese Ausstellung passt gut in eine Kirche, weil Kirche als Ort und weil Kirche als Gemeinschaft ihre Kraft schöpft aus Erinnern: so wird Kirche immer neu und aktuell.

Im Frühjahr 2011 hatte der Katholikenrat und Andere den „Zug der Erinnerung“ nach Mönchengladbach geholt. Im „Zug der Erinnerung“ und in der heutigen Ausstellung „Deportiert ins Getto“ wird gezeigt, wie systematisch jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger aus der Mitte unserer Nachbarschaften herausgerissen und verschleppt wurden. Ihnen wurde ihr Bürgerstatus aberkannt, mehr noch, sie wurden ihrer Menschenwürde beraubt und sie wurden ermordet. Erschreckend ist, wie Viele an diesen Definitionsprozessen und Unrechtstaten mitgewirkt haben. Erschreckend ist, wie viele bei diesen Deportationen in großem Stil aktiv mitgeholfen haben.

Anrede

Vor einer Woche wurde in Berlin mit einer neuen Gedenkstätte, einer „Wand aus blauem Glas“, an die systematische Ermordung von Patienten aus Heil- und Pflegeanstalten erinnert. Über 70.000 Menschen hat die Aktion T4 ab Herbst 1939 das Leben gekostet, bis sie  August 1941 gestoppt wurde. Zu groß war die öffentliche Unruhe vor allem durch den kirchlichen Protest geworden. Der Münsteraner Bischof Clemens August Graf von Galen hat mutig die T4 Aktion und die Euthanasie in seinen Predigten öffentlich gebrandmarkt. Dies hat die systematische Ermordung in Gaskammern bei Geisteskranken beendet. Hitler sah sich gezwungen, die Aktion offiziell einzustellen. Die wilde Ermordung in den Heil- und Pflegeanstalten zum Beispiel hier in Viersen-Süchteln oder in der Kinderfachabteilung Waldniel-Hostert mit einer Überdosis Schlafmittel  oder durch Verhungern ging allerdings weiter.

Anrede

Und damit komme ich zur hiesigen Ausstellung zurück: die Deportationen ins Getto oder in die Vernichtungslager wurden nicht gestoppt. Die Deportationen mit den grauen Bussen zur Tötung der Geisteskranken wurden gestoppt.

Wir, die Kirche, hat ganz unterschiedlich reagiert: bei der Deportation der Juden hat unsere Kirche geschwiegen und die Ermordung der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in Kauf genommen. Bei der Euthanasie hat das Kirchenvolk und wichtige kirchliche Vertreter den Mund aufgemacht, die Tötungsmaschinerie als solche benannt und damit gestoppt.

Wir sehen: weg sehen, schweigen tötet. Unrecht wahrnehmen und benennen hilft, Menschenrechtsverletzungen zu stoppen. Machen wir uns dazu Mut. Ich danke Ihnen.

Martin Kresse * Von-Limburg-Str. 5

41352 Korschenbroich * Tel 02166/83904 Fax 135680
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