Gesundheitspolitik im Kreis Neuss aus Sicht von

Bündnis 90/Die Grünen

Die bisherigen grünen Anliegen im Gesundheitsbereich und die zukünftigen Schwerpunkte lassen sich gut weiterverfolgen in der anstehenden Diskussion um das Projekt "Gesundheit im Kreis Neuss" und im "Psychiatrieplan". Beide Projekte bieten vielfältige Ansätze ökologischer Gesundheitspolitik und die Chance einer Neuorientierung.

Es gibt im Gesundheitswesen des Kreis Neuss nicht ein Wissensdefizit, sondern ein Umsetzungsdefizit, um zu einer guten Gesundheitspolitik zu kommen. Dieses Umsetzungsdefizit läßt sich durch den Aufbau einer Gesundheitsberichterstattung und die kontinuierliche Arbeit des Beirates der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft abbauen.

Bündnisgrüne Schwerpunkte auf Grund der Studie "Gesundheit im Kreis Neuss":

- Gesundheitsberichterstattung

Die Zivilisationskrankheiten nehmen zu, selbstverständlich auch im Kreis Neuss. Auf diese und ähnliche Entwicklung muß die öffentliche Gesundheitsversorgung reagieren z.B. durch Prophylaxeangebote und Selbsthilfekoordination. Dies ist langfristig kostengünstiger. Zur Steuerung dieser Aufgaben, zur Datenerfassung gesundheitspolitisch bedeutsamer Fakten braucht es eines neuen, aus zwei Personen bestehenden Planungsstabes "Gesundheitsberichterstattung" im Gesundheitsamt. So ist die Studie "Gesundheit im Kreis Neuss" zu aktualisieren; geschieht das nicht, ist die Studie bald überholt und vergeudetes Geld.

- Selbsthilfekoordination

Es gibt viele Selbsthilfegruppen im Kreis Neuss. Sie leisten für die Gesundheitsversorgung Vieles und extrem kostengünstig. Diese Infrastruktur ist zu stärken durch eine halbe Planstelle beim Kreisgesundheitsamt für Koordinations-, Steuerungs- und Serviceaufgaben. Sie stellt auch die Fortschreibung der Adressen des Selbsthilfeführers und Gesundheitsalmanachs sicher, damit diese keine Datenfriedhöfe werden. Auch verhältnismäßig geringe finanzielle Zuwendungen an Selbsthilfegruppen für Porto, Information, Werbung, Fahrtkosten, Fortbildung sind zur Stärkung dieses Sektors notwendig.

- Weg vom Image des Kreisgesundheitsamtes als "Gesundheitspolizei"

Die Effizienz des Kreisgesundheitsamtes ist eingeschränkt durch das schlechte Image und die fehlende Kenntnis und Akzeptanz dieser Behörde bei den Bürgern. Durch obige Maßnahmen, durch bauliche und bessere personelle Ausstattung und durch das Angebot andere bürgerfreundlicher Servicefunktionen läßt sich das Kreisgesundheitsamt aufwerten und wird dann auch effektiver wirken können. Bei den vielfältigen gutachterlichen Tätigkeiten, der Schuleingangsuntersuchung u.ä. muß der Kontrollcharakter zurücktreten und die Servicefunktion für den Bürger herausgestellt werden.

Bündnisgrüne Schwerpunkte beim "Psychiatrieplan":

- Gemeindepsychiatrischer Verbund

Durch die kontinuierliche Arbeit des Beirates der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft im Kreis Neuss soll ein Gemeindepsychiatrischer Verbund aufgebaut werden. Damit ist eines kooperativen Angebot gemeint, das für alle psychischen Problemlagen im Kreis Neuss Einrichtungen mit regionaler Versorgungsverpflichtung vorhält und das sich an den Bedürfnissen der Betroffenen orientiert.

- Handlungsbedarf: Methode der kleinen Schritte

Neben dem Gemeindepsychiatrischen Verbund ist als Handlungskonzept in Zeiten knapper finanzieller Mittel die "Methode der kleinen Schritte" sinnvoll. Bisher fehlen im Psychiatrieplan die kleinen Schritte zum Aufbau der psychosozialen Versorgung im Kreis Neuss. Dazu gehört die Festlegung von Prioritäten. Für Bündnis 90/Die Grünen sind das:

- Aufbau von 24-Stunden Krisendienst

Die meisten psychisch Kranken, darunter auch schwerstgestörte Menschen, leben im Kreis Neuss außerhalb von Einrichtungen. Z.T. werden sie von Angehörigen betreut, die so in Überforderungsstiuationen kommen, z.T. sind sie unter den Wohnungslosen anzutreffen. Für dieses Klientel ist typisch, das sie sich keine psychosoziale Hilfe holen können, sondern aufgesucht werden müssen, um Unterstützung zu erhalten. Klinikaufenthalte können so eventl. verhindert werden. Dazu ist Kreis Neuss ein 24-Stunden Krisendienst aufzubauen. Gleichzeitig ist der stationäre psychiatrische Bereich abzubauen, um eine Verlagerung der Finanzen in den ambulanten Bereich zu erreichen.

Als kleiner Schritt ist ein Telefonnotruf einzurichten, wie er von der PSAG schon lange geplant ist und an dem sich alle Träger der psychosozialen Versorgung beteiligen. Ebenso ist finanziell die Einstellung von Sozialarbeitern und psychiatrischen Fachpflegepersonal an Sozialstationen im Kreis Neuss sicherzustellen, um dieses Angebot, das immer schon auch psychisch auffällige Menschen betreut hat, zu optimieren.

- Sozialpsychiatrisches Zentrum im nord-westlichen Kreisgebiet

Diese SPZ können vor Ort wertvolle Stabilisierungs- und Prophylaxefunktionen erfüllen.

Als erster Schritt ist das SPZ in Dormagen finanziell abzusichern und Träger und Standort für ein weiteres im nord-westlichen Kreisgebiet zu finden.

- Psychiatrische Tagesklinik für Kinder und Jugendliche

Schon im April 93 hat der Gesundheitsausschuß den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen auf Aufbau einer psychiatrischen Tagesklinik für Kinder und Jugendliche verhalten unterstützt; verhalten, weil das in Frage kommende Krankenhaus, die Kinderklinik des Lukaskrankenhauses, nicht in Kreisträgerschaft ist. Es gibt kein stationäres psychiatrisches Angebot für Heranwachsende im Kreis Neuss. Es muß noch viel Überzeugungsarbeit getan werden, denn auch im Psychiatrieplan steht das Projekt noch nicht.

Als erster kleiner Schritt sind Verhandlungen mit dem Lukas-Krankenhaus und Landesregierung zu führen, damit dieses Projekt im Krankenhausbedarfsplan erscheint und die Finanzierung über die Krankenkassen sichergestellt ist.

- Enthospitalisierungsprogramm und Aufbau komplementärer psychiatrischer Hilfe

Aus den Langzeitbereichen der Neusser psychiatrischen Kliniken sind bis zum Jahr 2000 mind. 115 Patienten in komplementäre Angebote (Heime, Kleinstheime, Wohngruppen, Tagesstätten) im Kreis Neuss zu vermitteln. Die Finanzierung dafür ist u.a. im Rahmen einer sog. Auffangkonzeption gesichert. Sicherzustellen ist, daß daraus ein dezentrales, gemischtgeschlechtliches, kreisweites Versorgungsnetz wird und daß die Chance genutzt wird, die Ziele der Psychiatrie-Enquète umzusetzen und zukunftweisende Strukturen aufgebaut werden.

Als kleiner Schritt ist ein Beirat der PSAG zu gründen, der diese Versorgungstruktur und Vernetzung mit allen Trägern der psychosozialen Versorgung im Kreis Neuss sicherstellt.

- Niederschwellige Drogenhilfe und Methadon-Substitution

Der jetzt vorliegende Psychiatrieplan klammert den Suchtbereich aus.

Als erster kleiner Schritt ist die Ausarbeitung eines Psychiatrieplans auch für diesen Bereich vorzusehen. Auch erhält der Aufbau niederschwelliger Angebote mit einer Prophylaxefachkraft als erster kleinen Schritt und die Methadon-Substitution am St.-Alexius-Krankenhaus Priorität.

- Psychosoziale Beratungsangebote für ausländische Mitbürger

Die überdurchschnittliche psychosoziale Belastung ausländischer Mitbürger ist hinreichend bekannt und in vielen Studien belegt.

Als erster kleiner Schritt ist sicherzustellen, daß geeignete ausländische Fachleute in jetzt bestehende Beratungsstellen eingestellt werden können. Anzeigenkosten und übertarifliche Gehaltszuschüsse sind durch ein Kreisförderprogramm aufzufangen.

Autor: Martin Kresse, Sozialpolitischer Sprecher Bündnis 90/Die Grünen Kreistagsfraktion Neuss

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