Nachbericht zur Veranstaltung „Selbstbestimmt und nicht allein“

am 17.10.07 im LVR-Landeshaus, Köln-Deutz

 

„Die Zukunft der Eingliederungshilfe im Rheinland im Bereich Wohnen“ - unter diesem Motto trafen sich auf Einladung der GRÜNEN Fraktion im LVR über 50 Fachleute und Betroffene zum Erfahrungsaustausch.

 

Mit dabei (v.l.n.r): Martina Hoffmann-Badache(LVR-Sozialdezernentin), Olaf Maas (Diakonisches Werk im Rheinland), Ulrike Stadelhoff (Mutter eines behinderten Sohnes), Martin Kresse (Sozialpolitischer Sprecher der LVR-Fraktion und Moderator des Abends), Barbara Steffens (MdL Bündnis 90/DIE GRÜNEN) und Markus Kurth (MdB Bündnis 90/DIE GRÜNEN)

 

Selbstbestimmt und nicht allein, dass dies nicht nur die Überschrift unserer Veranstaltung war, sondern auch schon gelebte Wirklichkeit, zeigten die Stimmen der Veranstaltung. Eindrucksvoll berichtete Frau Ulrike Stadelhoff vom Leben ihres Sohnes mit der „Viererbande“, seiner Wohngemeinschaft. Mut und Vertrauen hätten alle Beteiligten; ihr Sohn, die Lebenshilfe Mülheim-Ruhr als Träger, aber auch der Landschaftsverband Rheinland, benötigt, um dieses Projekt auf die Beine zu stellen. Aber auch wenn nicht immer eitel Sonnenschein herrscht – so gäbe es eine Vielzahl auch von wechselnden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Viererbande – insgesamt sei es gut, so wie es ist. Ihr Sohn ist viel selbstständiger geworden seit er in der Wohngemeinschaft lebt.

Den Finger in eine Wunde legte auch Olaf Maas (Geschäftsführer des Diakonisches Werkes im Rheinland). Er meinte, dass es hilfreich gewesen wäre, wenn nicht nur das Wohnen dem Landschaftsverband übertragen worden sei, Schnittstellen seien die Folge. Eine Tatsache, die auch aus dem Plenum immer wieder kritisch bemerkt wurde. Für ihn ist das ein Thema, das bei der Entscheidung des Landtages über die dauerhafte Zukunft der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen auch angegangen werden  muss. 

Seine Vision sei, dass eine vielfältige ambulante Struktur entstehe und bürgerschaftliches Engagement das Leben von  Menschen mit Behinderung begleite. „Wir könnten in NRW was Gutes hinkriegen“ war sein Resümee.

Landesrätin Martina Hoffmann-Badache legte Wert darauf, dass es darum gehe, dass der  Landschaftsverband fachliche und finanzielle Aspekte zusammenführt. Seit der LVR für alle Leistungen zum Wohnen zuständig ist, ist es erstmals gelungen, dass ein leichter Rückgang bei den stationären Unterbringungen von Menschen mit Behinderungen festzustellen ist. Gleichzeitig sei die Nachfrage nach ambulanter Unterstützung  beim selbstständigen Wohnen höher als prognostiziert. Vor allem bei Menschen mit psychischer Behinderung, die rund 60 % ausmachten, sei ein unerwartet hoher Anstieg zu verzeichnen. Die Ursachen sollten jetzt untersucht werden.

Barbara Steffens (MdL Bündnis 90/DIE GRÜNEN)), konnte das Schnittstellenproblem bestätigen, damals sei aber keine andere Entscheidung im Kontext mit Kommunen, LVR und dem Land durchsetzbar gewesen. Ende 2009 sei die Entscheidung im Landtag zu treffen, wie es mit dem Betreuten Wohnen weiter gehe. Für sie steht fest, ein auseinander fallen der Leistungen, bei dem stationäre und ambulante Leistungsangebote verschiedene Kostenträger haben, wird es nicht mehr geben.

Sie selbst will nicht nur über das Wohnen allein reden, sondern betont, dass ein Quartiersbezug nötig sei. .

Der Grüne Bundestagsabgeordnete Markus Kurth gab seine Einschätzung wider, dass es auf Bundessebene in diese Legislaturperiode zu keinen neuen weitreichenden Entscheidungen zur Eingliederungshilfe komme. Eine zentrale Forderung sei für ihn, auf die Heranziehung der Menschen mit Behinderungen und ihrer Familien bei ambulanten Leistungen zu verzichten. Damit würde gegenüber den Betroffenen auch ein finanzieller Anreiz geschaffen, ambulante Leistungen dem stationären Angebot vorzuziehen. Für ihn ist es wichtig, gerade gegenüber den  Menschen mit Behinderung Anreize zu setzen und nicht nur gegenüber den Einrichtungen..

Im Publikum wurden auch grundsätzliche Kritik geäußert: Welche Sondereinrichtungen benötigen wir wirklich? Warum werden Menschen mit und ohne Behinderung nicht gleichgestellt? Zu schnell würden psychisch behinderte Menschen in ein System gesteckt, dass sie weder wollten noch benötigten. Wer es durchsetze, in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen Teilzeit zu arbeiten,  müsse so fit sein, dass er oder sie  auch auf dem ersten Arbeitsmarkt  bestehen könne.

Ein Problem sei auch, dass nicht alle Leistungsträger sich in den Hilfeplankonferenzen beteiligen. Gerade die Jugendhilfe würde schmerzlich vermisst.

Außerdem würden sich die Krankenkassen aus ihrer Verantwortung vor allem für psychisch behinderte Menschen zurückziehen.

Moderator Martin Kresse, Sozialpolitischer Sprecher der Grünen LVR-Fraktion, konnte am Ende des Abends bilanzieren, dass die Verlagerung der Zuständigkeit für das Betreute Wohnen  auf den Landschaftsverband Rheinland ein wichtiger und richtiger Schritt gewesen sei, der allgemein begrüßt wird. Dies habe viele neue fachliche Weiterentwicklungen, vor allem aber die individuelle Hilfeplanung ermöglicht. Es bleibe aber bei den Beteiligten noch viel zu tun, um dem Motto der Veranstaltung „Selbstbestimmt und nicht allein“ wirklich gerecht zu werden.

 

Ulrike Kessing (Geschäftsführerin der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN im LVR)

 

Martin Kresse * Von-Limburg-Str. 5

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