Text Vortrag RehaCare 2013        Masterplan Quartier        Harald Wölter/Martin Kresse

Alle Folien                                                                                                   25.09.2013

1. und 2.

Übersicht und Gliederung

3.

Warum Quartierskonzepte? Argumente für Neuausrichtung!

A) Partizipation und Selbstbestimmung

Menschen wollen besonders ihren Nahbereich selbst gestalten.

Die Selbstbestimmung, Mitgestaltung und Partizipation erhält zunehmend eine zentrale Bedeutung. Dabei wollen die Menschen in die Gestaltung und Entwicklung von Angeboten und Projekten mit einbezogen werden und die Beteiligungsmöglichkeiten und -prozesse sind entsprechend weiterzuentwickeln.

Viele ältere Menschen wollen die hinzugewonnen Jahre aktiver, selbstbestimmter und mit sinnvollen Aufgaben verbringen. So ist in den letzten fünf Jahren das bürgerschaftliche Engagement von älteren Menschen deutlich (um sechs Prozent) gestiegen. Die Altersbilder wandeln sich. Dabei wird Alter nicht mehr vorrangig mit dem Abbau von körperlichen und geistigen Fähigkeiten und somit mit Defiziten, sondern zunehmend mit potenziellen Stärken und Kräften und zu nutzenden Erfahrungen verbunden.

Die Lebenszufriedenheit älterer Menschen hängt in großem Maße davon ab, wie selbst bestimmt sie ihr Leben empfinden. „Wohnen, Leben, Assistenz und Pflege sichern“ im normalen Wohnumfeld stellt mittlerweile eine zentrale Leitorientierung dar. Hierzu gehört der Wunsch nach Überschaubarkeit, der Möglichkeit zur Gestaltung einer eigenen Häuslichkeit und häufig auch nach einem Zusammenleben mit anderen Generationen. Die Identifikation mit dem „Fedel“ gibt Orientierung und hält gesund.

B) Dritter Sozialraum und neues Hilfesystem

Den  Dritten Sozialraum als Nahbereich zwischen erstem Sozialraum, dem Privatem und dem zweiten Sozialraum, dem Öffentlichen gilt es wiederzubeleben.

Bildlich: Die Gartenbank vor der Tür oder das Leben im Viertel und in der Nachbarschaft.

Wiederzubeleben ist ein neuer Bürger- Profi Mix ambulant, trialogisch: Hilfeempfänger, Profi, Bürgerhelfer.

Nicht ohne uns über uns.

Paradigmenwechsel: vom Profi- zum Bürgerzentrierten Konzept, Profis müssen mehr verhandeln, zuhören, können nicht mehr anordne, arbeiten auf gleicher Augenhöhe und außerhalb von Institutionen in der normalen Häuslichkeit. Dieser Machtverlust und die Deinstitutionalisierung führt zu einer neuen beruflichen Identität, die begleitet, fortgebildet werden muss.

Veränderte Wohn- und Lebensvorstellungen

Unterschiedliche Altersgenerationen und -milieus entwickeln sich. Hieraus ergeben sich unterschiedliche Erfahrungen, individuelle Lebensstile und eine kulturelle Vielfalt. Dies erfordert differenzierte und auf die verschiedenen Bedarfslagen und Lebensstile angepasste Wohnarrangements und professionelle Begleitung.

Die Neuausrichtung des Hilfesystems ist auch durch Fehlentwicklungen motiviert: Personalnot in der Pflege, Finanznot und Zersplitterung unseres Sozialversicherungssystems. Das bedeutet, das Netz zur Daseinsvorsorge muss fester geknüpft werden.

C) Sanierungsbedarf/Anpassungsbedarf bei Wohnquartieren

- u.a. Umsetzung UN-BRK 

Das sich wandelnde Anforderungsprofil an die Wohn- und Pflegeinfrastruktur erfordert auch einen grundlegenden Wandel bei den bestehenden Altenhilfestrukturen.

Die Erhaltung der Selbständigkeit und Selbstbestimmung muss Grundlage für die Veränderungen in den Versorgungsstrukturen sein. Dies gilt für die Gestaltung und Neuausrichtung bestehender Einrichtungen hin zu Häusern des Wohnens mit Pflege und in überschaubarer Größe.

Die UN-Behindertenrechtskonvention fordert ihrerseits die Selbstbestimmung über den Wohn- und Lebensort ein. Die Eingliederungshilfe aber auch die Pflegeangebote haben dies zu berücksichtigen. Ein Paradigmenwechsel ist daher notwendig: weg von einem weiteren Ausbau von Groß- und Sondereinrichtungen hin zu quartiersbezogenen Wohn- und Pflegearrangements, in denen der Mensch, seine individuellen Bedürfnisse und sein individueller Hilfebedarf im Mittelpunkt stehen.

Eine wichtige Aufgabe für die Kommunen besteht darin, Sozial- und Stadtplanung darauf auszurichten, dass neue und zusätzliche Wohn- und Hilfeangebote für Menschen mit Hilfebedarf im normalen Wohnungsbau zu verankern und damit in den Wohnquartieren ein Angebot an Wohnraum für alle Lebenslagen geschaffen wird.

(vgl. Enquetekommission Situation und Zukunft der Pflege in NRW 2005: 349)

Die UN-Behindertenrechtkonvention fordert Inklusion und die Selbstbestimmung über die Wohnform ein (Artikel 19 Unabhängige Lebensführung Selbstbestimmt Leben und Einbeziehung in die Gemeinschaft)

[…]

a) Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen die Möglichkeit haben, ihren Aufenthaltsort zu wählen und zu entscheiden, wo und mit wem sie leben, und nicht verpflichtet sind, in besonderen Wohnformen zu leben;

D) Demografischer, sozialer und kultureller Wandel

Der demografische und soziale Wandel stellt die Gesellschaft vor große Herausforderungen. Die Zahl der älteren und pflegebedürftigen Menschen wird in den kommenden Jahren und Jahrzehnten deutlich ansteigen. Ab 2035 etwa werden die Babyboomer der Nachkriegsgeneration pflegebedürftig sein. Dabei wird der Anteil der Menschen, die im Alter alleine und ohne Angehörige leben werden, weiter zunehmen.

Einem weiteren Anstieg der älteren Bevölkerung steht eine kontinuierliche Abnahme der Anzahl der jüngeren Menschen gegenüber. Dies führt zu einem demografischen Wandel in den Wohnquartieren und Gemeinden und vielerorts auch zu sinkenden Einwohnerzahlen. Damit sind nicht nur Strategien der Nachwuchssicherung und des Zusammenlebens der Generationen gefragt, sondern es werden auch neue Anforderungen an die Infrastruktur für ältere und junge Menschen gestellt. Denn auch ohne einen nennenswerten Bevölkerungsrückgang stehen Kommunen vor demografischen und sozialen Umbrüchen in den Wohnquartieren und Stadtteilen. Dies betrifft sowohl die Gestaltung der Wohnungen und der Wohnquartiere als auch die Infrastruktur an sozialen Angeboten, Dienstleistungen, Kommunikation und Wohnumfeldgestaltung.

 Die unterschiedlichen Erfahrungen, Lebensstile und kulturelle Vielfalt älterer Menschen in Deutschland erfordern differenzierte und auf die verschiedenen Bedarfslagen und Lebensstilen angepasste Wohn- und Pflegearrangements.

Ausländische Mitbürger werden jetzt auch im Quartier erstmalig alt, sie prägen die vielfältigen Lebensentwürfe mit.

Die Anforderungen an eine örtliche Infrastruktur ändern sich, um Isolation und Segregation entgegenzuwirken, um ein Zusammenleben verschiedener Generationen im Quartier zu organisiert und um zugewanderte Menschen und Menschen mit Migrationshintergrund besser als bisher zu integrierten.

E) Vereinzelung

Neue Lebenslagen fordern das Sozialwesen stärker heraus: Patchworkfamilien, Alleinerziehende , hohe berufliche Mobilität

Die Mehrzahl der Menschen über 65 Jahre lebt mittlerweile alleine ohne Angehörige,

dies sind überwiegend Frauen

Männer leben zu einem größeren Teil noch mit ihrer Lebenspartnerin zusammen.

Heute findet zwei Drittel der Pflege in der eigenen Häuslichkeit statt. Pflegende Angehörige leisten einen sehr hohen Anteil des Pflegegeschehens. Es sind insbesondere Frauen, die zu über 70% die häusliche Pflege übernehmen – als Ehefrauen, Töchter, Schwieger- oder Enkeltöchter. Noch eindeutiger ist der weibliche Anteil in der professionellen Pflege. Hier beträgt der Frauenanteil in den ambulanten Pflegediensten 88 Prozent und in den Pflegeheimen 85 Prozent. Zu Recht ist eine geschlechtergerechte Verteilung der Fürsorge- und Pflegeaufgaben zu fordern.

Diese Entwicklung des Alleinseins im Alter führt auch dazu, dass sich die Menschen Gedanken machen über neue Formen des Zusammenlebens.

Sinkende Bevölkerungszahlen und Facharbeitermangel motivieren Kommunen zu Willkommenskultur und dazu auf ausländische Mitbürger zugehen, auch um Parallelgesellschaften zu vermeiden.

Allgemeines Ziel ist die inklusive Sozialraumgestaltung.

4.

Sozialpolitische und sozialrechtliche Neuorientierung:

Ø  Fördermöglichkeiten über das Wohnungsbauförderprogramm, Richtlinien für gemeinschaftliche Wohnformen, u.a. Wohngemeinschaften, Gruppenwohnungen, Pflegegruppen, Modernisierung und Umgestaltung von Heimeinrichtungen

Ø   GEPA: Novellierung Wohn- und Teilhabegesetz NW

Ø  Novellierung Landespflegegesetz NW

Ø  Aktionsplan „Inklusives NRW“

Ø  Überprüfung und Überarbeitung von Bundes- und Landesgesetze (entsprechend UN-BRK), u.a. Eingliederungshilfe, SGB XII.

 

5.

Ø  Mit dem Masterplan altengerechte Quartiere.NRW

Ø  hat das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter (MGEPA) ein Handlungskonzept auf den Weg gebracht. Ziel ist es, Teilhabe, Selbstbestimmung und ein selbstwirksames Leben aller Menschen sicherzustellen. Damit soll auch einer gerade im Alter oftmals befürchteten und viel zu oft real eintretenden Isolierung und Vereinsamung entgegengewirkt werden. Hierzu sollen Rahmenbedingungen geschaffen und wirksam umgesetzt werden, die eine eigenständige Lebensführung für alle Menschen zu jeder Zeit ermöglichen – und das vor dem Hintergrund begrenzter finanzieller Ressourcen unserer sozialen Sicherungssysteme sowie eines prognostizierten Fachkräftemangels.“ Das MGEPA geht in seinem Konzept davon aus, dass die Quartiere so vielfältig sein werden, wie die Menschen, die in ihm leben. „Gemeinsam aber muss allen Quartieren sein, dass der Gedanke einer solidarischen Gesellschaft und eines intergenerativen, respektvollen Miteinanders in gegenseitiger Verantwortung Wirklichkeit ist. Damit die Realität dieser Vision schrittweise näher kommen kann, will das MGEPA einen Masterplan Quartier aufstellen, in dem Erfahrungen gebündelt, Wissenstransfer unterstützt, Beratung und Hilfen angeboten oder vermittelt werden. So sollen Impulse gesetzt werden für die Entwicklung altengerechte Quartiere der Zukunft.

Ø  Der Masterplan sieht vier Handlungsfelder vor:

Ø  Handlungsfeld Sich versorgen–Versorgungssicherheit schaffen

Ø  Zur Versorgungssicherheit bei Pflege-und Betreuungsbedarf gehört die Versorgung mit Gütern des alltäglichen Bedarfs, der Gesundheitsversorgung und bei Pflege- und Unterstützungsbedarf vor allem auch Beratungsangebote, Angebote der sozialen Betreuung, haushaltsnahe und pflegeunterstützende Dienstleistungen und ambulante Pflegedienste. Zudem gehört ein differenziertes Angebot an Wohn-und Pflegeangeboten, das die von den meisten Menschen gewünschten Alternativen zu klassischen Pflegeheimen in ausreichender Anzahl umfasst und eine echte Wahlmöglichkeit für diejenigen sichert, die ihre Wohnung doch verlassen möchten.

Ø  Handlungsfeld Wohnen – altengerechte Wohnangebote bedarfsgerecht ausbauen

Ø  Ziel ist es mit einer altengerechten Quartiersentwicklung ist es, „älteren Menschen durch bauliche Maßnahmen den Verbleib in ihrer eigenen Wohnung zu ermöglichen oder zumindest passgenauen ‚Ersatz‘ wie z. B. Wohngemeinschaften in der Nachbarschaft anzubieten“.

Ø  Handlungsfeld Gemeinschaft erleben – Solidarisches und intergeneratives Miteinander fördern

Ø  Persönlichen Netzwerken, wie bspw. Dem Freundes- und Bekanntenkreis, der Nachbarschaft oder einer Wertegemeinschaft erhalten eine zunehmende Bedeutung. „Diese gilt es durch niedrigschwellige und wohnortnahe Angebote zu fördern.“

Ø  Handlungsfeld Sich einbringen – Partizipation ermöglichen

Ø  Gemeinschaft erleben und sich in die Gesellschaft mit ihren Erfahrungen und ihrem Tun einbringe. Zudem sind präventive Maßnahmen und die Förderung eigener Kompetenzen und der Eigeninitiative der Menschen wichtig. Zu einer partizipativ angelegten Quartiersentwicklung gehört außerdem die Beteiligung der Bewohnerinnen und Bewohner an der Erarbeitung von Quartierskonzepten und damit der Entwicklung ihres Quartiers werden (quartiersbezogener Akteurinnen und Akteure, wie z. B. Selbsthilfeinitiativen, Netzwerke, christliche Kirchen und andere Religionsgemeinschaften, DienstleisterInnen, gemeinwesenorientierte Kooperationsstrukturen)

Ø  http://www.aq-nrw.de/files/altengerechtequartiere.pdf

Ø  Der im Rahmen des Masterplan altengerechte Quartiere.NRW erstellte Modulbaukasten beinhaltet eine Vielzahl von praktischen Beispielen und eine Übersicht über die Fördermöglichkeiten in NRW.

Ø  http://www.aq-nrw.de/modulbaukasten/foerdermoeglichkeiten.html?&nav_mbk=module_F%F6rde

 

6. und 7.

Beispiel Münster

Ø  Wesentliches Anliegen der Quartierskonzepte ist es ein selbstbestimmtes Wohnen und Leben sowie eine gesicherte Pflege und Unterstützung im Quartier als selbst gewählten Lebensmittelpunkt zu ermöglicht.

Ø  Aufgabe der Politik ist es dabei, die Neuausrichtung bestehender pflegerischer Infrastruktur-angebote voranzutreiben und bei Vermeidung eines Ausbaues großer stationärer Wohn- und Pflegeeinrichtungen, kleinförmige in das Quartier integrierte Wohn- und Pflegearrangements zu entwickeln.

Ø  Ziel ist ebenso eine generationengerechte integrative Stadtentwicklung von Menschen unterschiedlicher Herkunft.

„Masterplan Quartier inklusiv“

Ø  Der „Masterplan Quartier“ stellt einen ressortübergreifenden Projektplan dar, bei dem auch die Vorgaben der UN-BRK– die die Selbstbestimmung über die Wohnform und den Wohnort einfordert - verankert ist.

Ø  Er beinhaltet u.a. eine/n

Ø  Paradigmenwechsel: weg von einem weiteren Ausbau von Groß- und Sondereinrichtungen hin zu quartiersbezogenen Wohn- und Pflegearrangements, in denen der Mensch, seine individuellen Bedürfnisse und sein individueller Hilfebedarf im Mittelpunkt stehen;

Ø  ressortübergreifende Sozial-, Quartiers- und Stadtplanung;

Ø  quartiersorientierte Handlungsansätze für Stadtteile und Wohnquartiere zur Schaffung von Versorgungssicherheit für Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf;

Ø  Ausbau der Unterstützungssysteme im inklusiven Sozialraum auch für Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf.

8.

„Masterplan Quartier“ Versorgungssicherheit für Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf sichern

Mit dem  „Masterplan Quartier“ soll die Versorgungssicherheit für Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf sichergestellt – und die Infrastruktur zukunftsgerecht weiterentwickelt werden.

Hierzu soll ein ressortübergreifender Projektplan zu entwickelt werden, der ein selbstbestimmtes Wohnen und Leben sowie eine gesicherte Pflege und Unterstützung im Quartier als selbst gewählten Lebensmittelpunkt ermöglicht. In diesem Zusammenhang soll die UN-Behindertenrechtskonvention – die die Selbstbestimmung über die Wohnform und den Wohnort einfordert – als verbindliche Zielvorgabe im Masterplan verankert werden.

Ausgehend von den individuellen Wünschen und Bedarfen, sollen die Personen- und nicht die Organisationszentrierung für die weitere Entwicklung ausschlaggebend sein.

Für einen Verbleib im Quartier sind die Sicherung der notwendigen Nahversorgung sowie die niedrigschwellige und zugängliche soziale Infrastrukturversorgung wesentliche Voraussetzungen. Dafür sollen sich Eingliederungs- und Pflegeinfrastruktur den Bedürfnissen der Menschen nach Versorgungssicherheit im Stadtteil anpassen.

 Eine aufgabenfeldübergreifende Sozial- und Quartiersplanung aufgebaut und dabei die schon existierenden stadtteilorientierten Handlungsansätze zu berücksichtigt und einbezogen werden:

Gute Beispiele sind die Quartiersstützpunkte in den Stadtteilen in Zusammenarbeit von Wohnungswirtschaft und ambulanten Diensten, die ehrenamtlich und nachbarschaftlich organisierte Unterstützung wie z.B. „Von Mensch zu Mensch“ mit den Initiativen der Kirchengemeinden, die stadtteilorientierte soziale Arbeit der Verbände der Wohlfahrtspflege die Einzelfallberatung und -unterstützung sowie die damit verbundene Netzwerkarbeit mit der Kommunalen Seniorenvertretung, den Einrichtungen der Behindertenhilfe im Stadtteil sowie der Verwaltung.

Ein wesentliches Antragsanliegen ist darüber hinaus, die Neuausrichtung bestehender pflegerischer Infrastrukturangebote voranzutreiben und, bei Vermeidung eines Ausbaues großer stationärer Wohn- und Pflegeeinrichtungen, kleinförmige in das Quartier integrierte Wohn- und Pflegearrangements zu entwickeln. Ziel ist ebenso eine generationengerechte integrative Stadtentwicklung von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kulturen.

9.

Quartierskonzepte – Baustein Wohnen

 Ziel ist es, mit neuen Wohn- und Unterstützungsformen älteren und pflegebedürftigen Menschen ein Verbleiben in ihrer angestammten Wohnumgebung bzw. in einem neuen Wohnarrangement, das ein selbstbestimmtes Wohnen in eigener Häuslichkeit bei einer gesicherten Pflege bietet, zu ermöglichen. Dabei sollen Wohnungen und das Wohnumfeld so gestaltet werden, dass Menschen unabhängig von ihrem Alter oder ihrer eingeschränkten Bewegungsfreiheit möglich selbstständig, unabhängig und weitestgehend ohne fremde Hilfe in ihrer gewohnten Umgebung leben können. Ein Umzug in ein Heim soll dadurch vermieden werden.

 Zu den prägenden Aspekten für die neuen Wohnformen gehören die Orientierung am Alltag der Betroffenen, die Verknüpfung von Angeboten und die Vernetzung verschiedener Akteure im Wohnquartier und Gemeinwesen. Das Spektrum geht weit über die Anbieter/-innen sozialer Arbeit und die Kommunen hinaus. Insbesondere Wohnungsunternehmen spielen zunehmend eine bedeutende Rolle bei der Gestaltung von Wohn-, aber auch von Pflege- und Hilfeangeboten für alte und pflegebedürftige Menschen im Wohnquartier. Aufgrund der demografischen Entwicklung besteht für die Wohnungswirtschaft ein Interesse, den Personenkreis der älteren und pflegebedürftigen Menschen als Mieter/-innen zu halten.

 Ziel ist es außerdem, bei den stationären Einrichtungen einen Wandel hin zu überschaubaren Häusern des Wohnens mit einer gesicherten Pflege einzuleiten.

 Stichworte:

·       Selbstbestimmtes Wohnen und Individualität sichern helfen

·       Wohnraum für alle Lebenslagen schaffen - Infrastruktur für alle Generationen im Wohnquartier

·       Selbständiges Wohnen mit Versorgungssicherheit

·       Gemeinschaftliche  Wohnformen (Wohn- u. Hausgemeinschaften etc.)

·       Umbau bestehender Groß- u. Sondereinrichtungen zu kleinen gemeinschaftlichen Wohnformen

10.

Quartierskonzepte - Baustein Quartiersgestaltung:

Paradigmenwechsel: Vorgaben der UN-BRK

Artikel 9 Zugänglichkeit Barrierefreiheit

(1)          -unabhängige Lebensführung, selbstbestimmtes Leben, volle Teilhabe in allen Lebensbereichen

(2)          Zugang zur physischen Umwelt, zu Transportmitteln, Information und Kommunikation,…

(3)          Gebäude, Straßen, Transportmittel, andere Einrichtungen in Gebäuden und im Freien, einschließlich Schulen, Wohnhäusern, medizinischer Einrichtungen und Arbeitsstätten; b) Informations-, Kommunikations- und andere Dienste, einschließlich elektronischer Dienste und Notdienste

·       barrierefreie Quartiersgestaltung

·       Inklusive Ausrichtung und Gestaltung des Außenbereichs

·       Begegnungs- ,Aufenthalts- und Freiräume für alle Generationen,

·       Quartiersmöblierung (Bänke etc.)

·       Beleuchtung etc.

·       Mobilitätsgestaltung: Fahrrad, Fuß, Rolli

·       Mehrgenerationenkonzepte

·       Anforderung für ländliche Strukturen

11.

 Quartierskonzepte - Baustein Pflege und Unterstützung

Zu gestaltende Inhalte und Aufgaben:

·       Versorgungssicherheit schaffen:

·       Unterstützende Hilfen und Dienstleistungen

·       Quartierbezogene Pflegeleistungen zu Hause

·       Pflege- und Betreuungseinrichtungen Ambulante Dienste, Tagespflege etc

·       Quartiersstützpunkte bzw. Nachbarschaftszentren

·       niedrigschwellige Unterstützungsgruppen /-Angebote Demenz

·       aufsuchende Unterstützungsstrukturen (u.a. Tagespflege, Begleitung, Beratung)

·       Versorgungsnetzwerke für ländliche Gebiete (z.B. Kooperationen mit örtl. Hausgemeinschaften oder Tagespflege)

 

12.

 Quartierskonzepte  - Baustein Soziales

·       Beratung (u.a. Wohn- u. Pflegeberatung) Information

·       „peer-counceling“

·       Stadtteilbüros etc.

·       soziale Integration und Kommunikation im Quartier

·       Nachbarschaftszentren, Treffs

·       Quartierstützpunkte

·       Soziale Netze, Nachbarschafts-initiativen, Vereine im Quartier/Gemeinwesen

·       niedrigschwellige Unterstützung (z.B. bei Demenz)

·       Soziale Einrichtungen

·       aufsuchende Dienste (sozialraumorientierte Dienste, ländliche Besuchsdienste)

13.

Quartierskonzepte - Baustein Infrastruktur

 Sicherung von Nahversorgungs- und Freizeitangeboten:

·       Gesundheitsdienstleistungen, u.a. medizinische Angebote,

·       Apotheken,

·       MVZ, KH, Gesundheitshäuser

·       kleinräumige infrastrukturelle Versorgung Läden, Dienstleistungen

·       Infrastruktur / soziale Einrichtungen und

·       kurze Wege insbesondere für ältere und Menschen mit Unterstützungsbedarf

·       ÖPNV-Anbindung

·       Kommunikation

14.

Baustein im Quartier – Beteiligung ausbauen

15.

Baustein im Quartier – Planung: Integriert und Übergreifend

16.

Baustein im Quartier - Versorgungssicherheit

17.

Das Land NRW gewährt für unterschiedliche Maßnahmen zinsgünstige Darlehen zur Verbesserung von Wohnangeboten insbesondere für ältere und pflegebedürftige Menschen.

Wohnraumförderung:

Mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung sollen Wohnprojekte initiiert und gefördert werden,

die den Inklusionszielen entsprechen. Dies gilt für das Wohnen von Menschen aller

Altersgruppen unabhängig von der Art der Behinderung.

-        Wohnsituation von Menschen mit mehrfachen und schweren Behinderungen verbessern und ein möglichst selbstbestimmtes Wohnen ermöglichen.

-        Wohnen im Alter (Quartierskonzepte, Gemeinschafts-/ Mehrgenerationenprojekte)

-        gemeinschaftsorientierten Wohnprojekten wie Mehrgenerationenwohnen

Mit der Förderung alternativer Wohnformen für ältere oder behinderte Menschen hat das Land Nordrhein-Westfalen dieses Marktsegment

auch für Menschen mit kleinerem Geldbeutel geöffnet. Gefördert werden daher

- gemeinschaftliche Wohnprojekte,

-        Gruppenwohnungen mit ambulanter Betreuung,

-        Wohneinheiten zur Wohnraumversorgung älterer und/oder behinderter Menschen mit Betreuungsbedarf in denen bis zu 8 Personen selbst bestimmt zur Miete wohnen und ihre Pflege oder Betreuung individuell mit Hilfe ambulanter Dienste ihrer Wahl organisieren können. individuellen Wohnbereich für jede Person und über Flächen zur gemeinschaftlichen Nutzung,

- kleinere Wohnheime und stationäre Pflegeeinrichtungen.

Aufgrund des hohen Anteils an nicht barrierefreien Wohnungen in Nordrhein-Westfalen zielt

auch die Bestandsförderung darauf, Problemen bei der Wohnraumversorgung von älteren

Menschen vorzubeugen. Zu den Förderangeboten im Bestand gehört daher die Förderung

zum Abbau von Barrieren im Bestand,

- von durchgreifenden Umbaumaßnahmen zur Schaffung von neuem barrierefreien Wohnraum

durch Umnutzung von Nichtwohngebäuden sowie zur Anpassung bestehenden

Wohnraums an geänderte Wohnbedürfnisse bei Einhaltung des Neubaustandards und

- der baulichen Anpassung und des Umbaus von bestehenden Einrichtungen der Behindertenhilfe

und vollstationären Pflegeeinrichtungen.

GruppenWohnungen

ältere, pflegebedürftige Menschen oder behinderte Menschen mit Betreuungsbedarf

bis zu acht Personen der Einkommensgruppe A und/oder B selbst bestimmt zur Miete wohnen und ihre Pflege

oder Betreuung individuell mit Hilfe ambulanter Dienste ihrer Wahl organisieren können.

Gruppenwohnungen sollen möglichst in Gebäude mit Mietwohnungen traditionellen Zuschnitts integriert werden.

In einem Gebäude sollen nicht mehr als 24 Personen der Zielgruppe wohnen.

Pflegewohnplätze

3.1 Fördergegenstand und Zielgruppe

Im Zusammenhang mit der Förderung von Mietwohnungen werden ergänzend auch Wohn- und Gemeinschafträume

gefördert, die für neue Formen des gemeinschaftlichen Wohnens einer Gruppe von

Pflegebedürftigen oder für besondere Bedarfsgruppen Pflegebedürftiger in einer stationären Pflegeeinrichtung

bestimmt sind (Pflegewohnplätze). Die Anzahl der geförderten Pflegewohnplätze soll im

Verhältnis zur Anzahl der geförderten Mietwohnungen nicht mehr als 25 v. H. betragen. Ziel dieser

ergänzende Förderung ist es, das Angebot von Wohnraum für Pflegebedürftige in durchmischten

Wohnquartieren zu erweitern und den Investitionskostenanteil am Heimentgelt für die Zielgruppe der

sozialen Wohnraumförderung zu senken.

GEPA:

Alternative Wohnformen: Um Wohngemeinschaften besser zu unterstützen, schafft das Gesetz die Grundlage dafür, dass die Investitionsaufwendungen auch bei anbieterverantworteten Wohngemeinschaften künftig gefördert werden; über die angemessene Höhe der Förderung wird die Landesregierung ein wissenschaftliches Gutachten einholen (§ 11 S. 2 APG NRW).

Ambulante Wohngemeinschaften zu fördern ist ein vorrangiges Ziel des Gesetzes. Deshalb regelt das Gesetz erstmals eigene, passgenaue Anforderungen an Wohngemeinschaften. Dies sichert die Qualität dieser Angebote, ohne sie durch eine Gleichstellung in den Anforderungen mit klassischen Heimen faktisch zu verhindern.

Das neue WTG wird explizit zwischen anbieterverantworteten und selbstverantworteten Wohngemeinschaften unterscheiden (§ 24 Abs. 2, 3 WTG NRW).

- An selbstverantwortete Wohngemeinschaften werden gar keine besonderen Anforderungen gestellt (§ 25 WTG NRW). Wenn die Bewohnerinnen und Bewohner völlig eigenständig über die gesamte Gestaltung und das Leben in ihrer WG entscheiden, müssen sie dabei nur die allgemeinen Gesetze (Baurecht etc.) beachten. Zudem können sie sich selbst an die WTG-Behörde wenden, wenn der in der WG tätige Pflegedienst nicht ordnungsgemäß arbeitet. Die Behörde wird hier aber nicht von sich aus tätig. Es gibt somit auch keine regelmäßigen Kontrollen o.ä..

- Anbieterverantwortete Wohngemeinschaften sind solche, die (zumindest teilweise) von einem ambulanten Dienst organisiert oder gelenkt werden. Auch diese Angebote sind sehr wichtig für eine quartiersnahe Versorgung und sollen besonders unterstützt werden. Hierzu gehört auch eine angemessene Qualitätssicherung durch die Behörde. An die Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter in anbieterverantworteten Wohngemeinschaften stellt das WTG daher Anforderungen, die aber deutlich anders sind als die Anforderungen an die Einrichtungen mit umfassendem Leistungsangebot. Die WTG-Behörde berät die Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter und überprüft regelmäßig die Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen.

Die Anforderungen an anbieterverantwortete Wohngemeinschaften sind: nur Einzelzimmer. In bestehenden Wohngemeinschaften Übergangsfristen bis zum 01.01.2022  (Rechtsgrundlage: §§ 27 Abs. 1, 49 Abs. 3 WTG NRW).

§            Die Mindestanforderungen an die Wohnqualität orientieren sich an einer typischen Wohn- oder Familiengemeinschaft und nicht an einer stationären Einrichtung.

So kann z. B. ein Duschbad mit WC für je 4 Nutzerinnen und Nutzer ausreichen. Auch muss im Gegensatz zu Einrichtungen kein Pflegebad vorhanden sein. Die Anforderung einer Mindestfläche von 3 qm je Nutzerin/Nutzer für den Wohngruppenraum (das Gemeinschaftszimmer) soll ermöglichen, dass Wohngemeinschaften auch im vorhandenen Bestand gegründet werden können; daneben sind die Mindestflächen von 14 qm für die Einzelzimmer einzuhalten. Grundsätzlich sind Abweichungen möglich, wenn Anforderungen nicht erfüllt werden können (§§ 25 Abs. 1; 26 Abs. 1 und 2 WTG-DVO).

18.

 Beispiel Inklusive Sozialraumentwicklung Rhein-Kreis Neuss:

 Das Präsidium des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. am 07.12.2011 „Eckpunkte des Deutschen Vereins für einen inklusiven Sozialraum" verabschiedet (DV 35/11 AF IV).

Diese Eckpunkte beschreiben kommunale Handlungsstrategien als Querschnittsaufgabe zur inklusiven Sozialraumgestaltung, die ausgehend von der UN-Behindertenrechtskonvention für die Kommunale Praxis erstmalig und konsensual zusammengetragen wurden:

Der Text ist auf zwölf Seiten eine gute Zusammenfassung zur Inklusiven Sozialraumgestaltung: beschreibt die Querschnittsaufgabe und ressortübergreifende Planung, kultursensibel, partizipativ usw.

19.

Im März 2010 wurde der Landrat gebeten einen Bericht zum Thema „Inklusion“ vorzulegen und die praktischen Auswirkungen für alle Beteiligten im Rhein-Kreis Neuss darzulegen. Seit September 2010 arbeitet unter Leitung des Landrates der Arbeitskreis „Inklusion“. In mehreren Sitzungen und Besuchen in Einrichtungen hat der AK sich bisher mit den verschiedenen Lebensbereichen von Menschen mit Behinderungen beschäftigt, allerdings noch keine konkreten Vorschläge für ein Inklusives Gemeinwesen erarbeitet.

Im Juni 2012 wurde in den Kreistag der Antrag eingebracht, auf Grundlage der Eckpunkte des Deutschen Vereins für einen Inklusiven Sozialraum die Inklusion im Rhein-Kreis Neuss voranzubringen. Um deutlich zu machen dass es sich dabei um eine Chefsache handelt sollte ein Inklusionsgipfel durchgeführt werden, der für Inklusion wird.

20.

Traditionell hat der Rhein-Kreis schon seit vielen vielen Jahren eine „Kommission Silberner Plan“, darin arbeiten alle Fraktionen und die Freie Wohlfahrtspflege mit.

Von hier aus sind konsensuell viele Impulse ausgegangen.

21.

Im Sozial- und Gesundheitsausschuss des Rhein-Kreises hat man sich überwiegend mit der strategischen Frage beschäftigt, wie man den Kostenanstieg beim Pflegewohngeldes begrenzen kann.

Berechnung des Bedarfs in einer Demographiestudie pro kreisangehörige Kommune.

22.

Hier verbindet man kommunale Beschäftigungsförderung mit Altenhilfe: Haushaltsnahe Dienstleistungen und Betreutes Wohnen zu Hause: Service statt Umzug, soziale Kontakte und Sicherheit. (Raumpflege, Wäschepflege, Einkaufsservice, Alltagshilfe)

Sturzprävention hält die alten Menschen länger mobil, auch in ihrem häuslichen Umfeld. Mehr Lebensqualität, auch z.T. bei Demenz.

Einheitliche Standards bei dem Entlassmanagement von Senioren zwischen Pflegeheim/BeWo und Kliniken.

Auch wollte man gesundheitliche Prävention mit Altenhilfe verbinden, dass es aber am Widerstand der Wohlfahrtspflege gescheitert.

23.

In der Wohnungswirtschaft ist überall ein Umdenken erkennbar: zur Mieterbindung und wegen des immer älter werdenden Klienten kooperieren sie bei größeren Bauvorhaben gerne mit einem Wohlfahrtsverband, um Beratung und einen sozialen Treff vorzuhalten. Dies wird oft über Mietnebenkosten refinanziert.

Besonders ausgeprägt mit allen Elementen ist das ab 2007 im Quartier Südliche Furth in Neuss gelungen (255 Wohneinheiten, davon 219 barrierefrei, alle öffentlich gefördert, leben 600 Einwohner, darunter fast 200 Kinder aus 20 Nationen): im Treff 20 gibt es neben Beratung einen Mittagstisch, Hausaufgabenbetreuung und auch kultursensible Angebote. Natürlich kann man den Raum auch für Familienfeste nutzen. Darüber hinaus gibt es Laubengänge, die zum verweilen und klönen in der Nachbarschaft einladen. Schließlich wird auch im Quartier einen Pflegestützpunkt in einer Hausgemeinschaft vorgehalten. Also eine komplette Quartiersgestaltung.

Leben im Quartier muss vor allen Dingen auf der Ebene der Städten und Gemeinden realisiert werden.

 Die Kommission Silberner Plan hat „Seniorenbörsen“ in allen Kommunen des Rhein-Kreises angeregt um Alternativen zur stationären Seniorenhilfe aufzuzeigen und für eine Vernetzung der Angebote zu sorgen.

 In vielen Städten und Gemeinden haben wir ZWAR-Gruppen gebildet: Zwischen Arbeit und Ruhestand; zum Teil mit Hilfe der ZWAR Zentrale Dortmund, zum Teil haben die Wohlfahrtsverbände sich selber dieses System abgeguckt und in Zusammenarbeit mit den Stadtverwaltungen realisiert:

Senioren ab 55 treffen sich in der Nachbarschaft, in selbstorganisierten, stadtteilorientierten Gruppennetzwerken zur Freizeitgestaltung. In diesen Gruppen entsteht aber auch schnell der Wunsch zu einer Quartiersgestaltung zu kommen, weil keiner möchte gern ins Heim.

 24.

Beispiel: Neue Wohn- und Pflegeformen im ländlichen Raum:
Integrative Hausgemeinschaft mit Betreuung und Pflege

„ Die Vorstellung vom gemeinschaftlichen Wohnen mit Pflegemöglichkeit konkretisierte sich durch das Angebot eines ehemaligen

Bauernhofes in Rotingdorf. Es gab jedoch keine Förderrichtlinien für eine Bezuschussung des kostenaufwendigen

Pilotprojektes. Langwährende, kräftezehrende Verhandlungen mit dem Amtsschimmel in Form ständig wechselnder (Nicht-)Zuständigkeiten waren auszufechten.

Zerbst schüttelt den Kopf, wenn er an diese Zeit denkt. Der Trägerverein „Umbruch – wohnen und mehr“ wurde gegründet,

um Zuschüsse des Landes Nordrhein- Westfalen für den Hausumbau zu ermöglichen.

Mit dem Kauf des geräumigen Backsteingebäudes 1991 nahm der Traum vom Zusammenleben von Jung und Alt

mit Pflegemöglichkeit endlich Gestalt an.

1992 zog Zerbst „mit Leuten, die sich schon aus dem Sandkasten kannten“, in die bislang einzigartige Haus- und Pflegegemeinschaft

ein. Seitdem hat der Pflegeverein Lebensbaum in Werther noch drei weitere Wohnprojekte mit Pflegewohngruppen

initiiert und sich zur gemeinnützigen GmbH mit breitem Aktionsfeld weiterentwickelt. Michael Zerbst unterstützt heute als ausgebildeter Projektberater und erfahrene Pflegekraft neue Wohngruppen und Projektinitiativen.“

(aus: Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen Neue Wohnprojekte für ältere Menschen. Gemeinschaftliches Wohnen in Nordrhein-Westfalen – Beispiele und Wege zur Umsetzung. 9. Aufl. 2007)

Fakten: Projekt Rotingdorf

Einzug: 1992

Integrative Hausgemeinschaft

mit Betreuung und Pflege

Altersstruktur: 17 Personen,

davon 4 über 60 Jahre

und 7 mit hohem Pflegebedarf

Wohnungen:

7 Bewohnerzimmer im EG, 19–23 m2,

5 Wohnungen im 1. OG, 42–87 m2

Modellförderung, freifinanziert

Gemeinschaftsflächen: ca. 175 m2

im EG: Esszimmer, Wohnzimmer,

Küche, Gästezimmer, 2 Bäder, Dienstzimmer,

Sauna

Außenbereich: Dachterrasse 120 m2

Garten 10.000 m2, Wirtschaftsraum

Eigentümer:

Umbruch – wohnen und mehr e.V.

Betreuung und Pflege:

Lebensbaum Soziale Hilfen gGmbH

25.

 Beispiel: Neue Wohnformen:

Wohnprojekt aus Eigeninitiative

„Wohnen mit Freu(n)den e.V., Hagen“

Ausgangssituation

„ Abseits der konventionellen Wohnformen für das Alter sollte eine gemeinschaftliche Wohnform gefunden werden, in der eine Gruppe aus Gleichgesinnten im vertrauten, sozialen und räumlichen Umfeld zusammen alt werden wollte. Es sollte eine Haus entstehen, in dem jede/r BewohnerIn seine Privatsphäre in einer eigenen Wohnung hat und ein Gemeinschaftsraum für gemeinsame und nachbarschaftliche Aktivitäten zu Verfügung steht.

Anknüpfend an das Modell der Großfamilie vergangener Zeiten stellte sich die Gruppe anfänglich ein Mehrgenerationenhaus vor, das bewusst auch jüngere Menschen mit in eine solche Lebensgemeinschaft einbeziehen sollte.

Darüber hinaus sollte über eine Gemeinwesensarbeit auch die Nachbarschaft mit in das Modell einbezogen werden und eine Vernetzung zu anderen stadtteilbezogenen Einrichtungen von Kirchen und Wohlfahrtsverbänden geknüpft werden. Da natürlich mit dem Altwerden  auch der Bedarf an Pflege immer größer wird, strebte die Gruppe eine Kooperation mit einem Pflegedienst an. Es sollte ein wohnungsnahes Pflegeangebot durch eine Kurz- und Tagespflegestation realisiert werden. In jedem Fall sollte

eine Durchmischung der Wohngruppe mit Menschen aus allen Einkommensgruppen möglich sein, ohne die Einkommensstarken oder auch –schwachen aus der Gemeinschaft auszugrenzen.“

(aus: Landtag Nordrhein-Westfalen, Die Grünen: Zukünftiges Wohnen im Alter. Beiträge zu neuen Wohnformen für ältere und pflegebedürftige Menschen, 2004, 2. überarb. Auflage 2009.)

Struktur:

Insgesamt entstanden 92 Wohnungen in der Größe zwischen 60 und 90 qm, davon sind 49 WE öffentlich gefördert, 8 WE freifinanziert und 35 Eigentumswohnungen.

Das Mehrgenerationenhaus hat insgesamt acht Mietwohnungen mit 2- und 3-Zimmer-Wohnungen. Einige Mitglieder des Vereins hatten den Wunsch nach einem Gästezimmer geäußert.

Der Verein vereinbarte mit dem Vermieter ein Vorschlagsrechtfür die Belegung der Wohnungen. Auch bei der Vermietung und Vermarktung der übrigen Wohnungen konnten Mieterempfehlungen vom Verein gemacht werden, die von den einzelnen Hauseigentümern gerne angenommen wurden.

Das Pflegezentrum hat insgesamt 17 Kurzzeitpflegezimmer und 12 Tagespflegeplätze.

Das Zentrum profitiert von der Kooperation mit dem Verein. Schwellenängste werden dadurch genommen, dass der Gemeinschaftsraum der Tagespflege regelmäßig dem Verein für Veranstaltungen zur Verfügung gestellt wird.

 

26. und 27.

Beispiel: Neue Wohnformen  „Bielefelder Modell“

Beispiel BGW

Bei der Umsetzung des „Bielefelder Modells“ schließt die BGW Vereinbarungen mit ihren Kooperationspartnern aus dem Bereich der ambulanten Pflegeleistungen. Sie umfassen folgende Punkte:

 

1. Hilfe und Pflege

In der Seniorenwohnanlage können auch schwerstpflegebedürftige Menschen (Pflegestufe III oder Härtefallregelung) wohnen, die bei Bedarf rund um die Uhr von dem ambulanten Pflegedienst betreut werden. In den Gästewohnungen können Mieter der BGW und ihre Angehörigen sowie Nachbarn aus dem Quartier häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson, Rehabilitationsmaßnahmen und Krisenintervention in Anspruch nehmen. Dieses Angebot kann bei begründetem Antrag auch von jungen Menschen genutzt werden, wenn diese schwer erkrankt sind oder eine Krisenintervention benötigen.

Sämtliche Hilfe- und Pflegeleistungen können von den Mieterinnen und Mietern der Wohnanlage im Bedarfsfall in Anspruch genommen werden.

2. Regelmäßige Beratungsangebote im Haus

 Fachlich geschulte Mitarbeiter des Kooperationspartners bieten in den Büroräumen regelmäßige Beratung an. Dazu gehören Gesundheitsberatung, Informationen über Hausnotrufsysteme und die Unterstützung bei der Antragstellung bei verschiedenen Kostenträgern (Pflegekasse, Krankenkasse, Sozialamt etc.)

3. Unterstützung von Selbsthilfeaktivitäten

Vorrangiges Ziel des Lebens in der Wohnanlage ist die Förderung von Selbsthilfefähigkeiten. Im Wohncafé werden zahlreiche Freizeitaktivitäten angeboten (z. B. kulturelle Veranstaltungen, Wissensbörse, Erzähl-Café, Gesundheitstraining, Fitness). Diese Angebote stehen auch den Angehörigen, Freunden und Nachbarn der Mieter offen. Das Wohncafé kann zudem für Familienfeiern genutzt werden. Die Koordination der Veranstaltungen übernimmt der Pflegedienst.

4. Begegnung der Generationen

Um der Isolation der älteren Menschen vorzubeugen, wird ein reger Austausch mit der Nachbarschaft gefördert. Dies kann im Rahmen von Nachbarschaftsfesten, Kulturveranstaltungen und vielem mehr erfolgen.

5. Beratung von Angehörigen und Freunden

 Die überwiegende Zahl der Senioren im Haus ist gesundheitlich fit und aktiv. Bei schwerer Krankheit oder Pflegebedürftigkeit können die Mieter im Haus wohnen bleiben. Durch eine gezielte Schulung von Angehörigen und Freunden soll die Hilfe durch das nahe Umfeld gestärkt werden.

6. Wählbarer Hausnotrufdienst

In Bielefeld bieten mehrere Einrichtungen einen Hausnotrufdienst an. Auf Wunsch werden den Mietern diese Angebote erläutert. Bei Bedarf kann ein Notruf zu dem Pflegedienst hergestellt werden. Es ist sicher gestellt, dass alle Mieter, die einen Hausnotruf wünschen oder benötigen, diesen auch erhalten. Bei Bedarf (mindestens Pflegestufe I) übernimmt die Pflegekasse die Kosten; anderenfalls müssen die Mieter die Kosten selbst tragen.

Eckpunkte der Kooperation

7. Vermittlung von Hauswirtschafts- und Pflegediensten

Die Mieterinnen und Mieter haben bei allen Dienstleistungen Wahlfreiheit. Sie können jeden Hauswirtschafts-und Pflegedienst in Anspruch nehmen.

8. Multikulturelle Seniorenhilfe

In der Seniorenwohnanlage werden die Wünscheund Belange unterschiedlicher kultureller, religiöser und ethnischer Herkunft geachtet und gewürdigt.

9. Förderung der Selbsthilfe und der Dienstleistungsvielfalt

Anders als beim klassischen betreuten Wohnen ist es ein zentrales Anliegen, Leistungen im Rahmen der Vereinbarung nicht pauschal zu gewähren, sondern sie bedarfsgerecht im Einzelfall zu organisieren und zu vergüten

(aus: Selbstbestimmt Wohnen mit Versorgungssicherheit »Das Bielefelder Modell«, Bielefelder Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft mbH)

 

27) Beispiel: Neue Wohnformen

Wohnen für alle Generationen mit Nachbarschaftszentrum

·       Beispiel für das Wohnen mit Versorgungssicherheit

 

Wohnen für alle Generationen – Nachbarschaftszentrum Meinolfstraße

 

•            89 barrierefreie Zwei- und Drei-Zimmer-Wohnungen

•            2 Gruppenwohnungen für Betreutes Wohnen

•            1 Gäste- / Kurzzeitpflegewohnung

•            Gesundheitsdienstliche und gewerbliche Einrichtungen

•            Soziale Dienste

•            Aktivitätenzentrum / (Nachtbarschaftszentrum)

Das Modell der „Freien Scholle“ (Bielefeld) gilt bei den quartiersbezogenen Wohnkonzepten,

die von Wohnungsunternehmen getragen werden, als beispielhaft.

Dieses Angebot beinhaltet die Einrichtung von dezentralen Nachbarschaftstreffs und -zentren, genossenschaftseigene Altenberatung und Betreuung sowie Mitwirkung der Bewohner/-innen in der Quartiernachbarschaft und der Genossenschaft.

Eine Reihe weiterer Wohnungsunternehmen sind dabei, ähnliche Angebote für ihren Bereich, zumeist in Kooperation mit anderen Trägern, im Stadtteil aufzubauen.

 

28.

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Martin Kresse * Von-Limburg-Str. 5

41352 Korschenbroich * Tel 02166/83904 Fax 135680
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