Grußwort von

Martin Kresse,

stellv. Vorsitzender des Gesundheitsausschusses,

anlässlich der Eröffnung der Fachtagung

 „Gelebte Integration – Menschen mit Migrationshintergrund im psychiatrischen Krankenhaus“ am 25. Oktober 2012

in Köln-Deutz

 

 

Sehr geehrter Herr Rütten vom NRW-Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales (MAIS),

verehrte Frau Wenzel-Jankowski,

sehr geehrte Damen und Herren

 

ich darf Sie alle im Namen des Landschaftsverbandes Rheinland zu dieser Tagung ganz herzlich in Köln begrüßen,

 

mein besonderer Gruß gilt Herrn Minister Schneider, den ich gerne persönlich begrüßt hätte, der aber leider verhindert ist. In seiner Vertretung begrüße ich nicht minder herzlich Herrn Anton Rütten, Abteilungsleiter „Integration“ im MAIS und bedanke mich dafür, dass Sie uns hier im LVR mit Ihrem Besuch beehren und  dem Thema dieser Tagung ein Gewicht und eine besondere Aufmerksamkeit verleihen.

 

Unser Land hat sich in den vergangenen fünf Jahrzehnten zu einer Gesellschaft entwickelt, die durch das Zusammenleben von Menschen mit unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlichen kulturellen Hintergründen geprägt ist:

das Zusammenleben verschiedener Kulturen ist mittlerweile Alltagsrealität in unserer Gesellschaft.

 

Wandel durch Zuwanderung war und birgt immer Chancen und Herausforderungen zugleich.

 

Die Chancen für unsere Gesellschaft sehe ich,  

 

•      weil die Zuwanderung von Menschen eine wichtige Grundlage für den wirtschaftlichen Aufschwung gebildet hat und bildet,

 

•      weil sie unser kulturelles Leben erweitert  und bereichert und

 

•      weil sie einen Beitrag zu einer besseren demographischen  Entwicklung unserer Gesellschaft leistet.

 

Eine Herausforderung für unsere Gesellschaft ist es,

 

•      die Integration aller Ihrer Mitglieder sicherzustellen und gesellschaftliche Ausgrenzung in unterschiedliche kulturelle Teilgruppen entgegenzuwirken,

 

•      die Ängste vor Fremdheit  und Konflikte im Aufeinandertreffen unterschiedlicher, kulturell geprägter Werte und Lebensweisen zu bewältigen

 

•      und entschieden deutlich allen Erscheinungen von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt entgegenzutreten.

 

„Menschen mit Migrationshintergrund“ bilden keineswegs eine homogene Gruppe. Nach der zunächst einmal nüchternen Definition der deutschen statistischen Erhebungen des sogenannten Microzensus  werden damit „alle Menschen erfasst, die entweder selbst aus einem anderen Land nach Deutschland zugewandert sind und von denen mindestens ein Elternteil nicht in Deutschland geboren ist oder deren beide Elternteile zugewandert oder nicht-deutscher Staatsangehörigkeit sind.“  Es können sowohl Menschen mit deutscher und als auch mit ausländischer Staatsangehörigkeit sein

 

Hinter dieser technischen Definition verbergen sich allerdings ganz unterschiedliche Menschen, aus ganz unterschiedlichen Herkunftskulturen,  mit unterschiedlichen Migrationsmotiven und Migrationserfahrungen und auch mit unterschiedlichen Lebensbedingungen, die hier bei uns leben.

 

Die Gründe und Umstände der Migration jedes Menschen, jeder Gruppe unterscheiden sich zum Teil erheblich voneinander. Die Migrationsgründe reichen vom beruflich bedingten, vorübergehenden Wechsel des Lebensmittelpunktes über den  Familiennachzug und der (Spät)Aussiedlung   bis hin zur Flucht vor Krieg und Armut, der Flucht vor Verfolgung  aus politischen, ethnischen, religiösen und anderen Gründen.

 

Sie werden nachvollziehen, dass die Existenzbedingungen im Herkunftsland, der Migrationsprozess sowie der Status und die Lebensbedingungen in unserem Land eines japanischen Angestellten im Auftrag seines japanischen Arbeitgebers in Düsseldorf sich fundamental unterscheiden von denen des Kriegsflüchtlings aus dem Sudan in Düsseldorf. Und dennoch gelten beide als Menschen mit Migrationshintergrund.

 

Dementsprechend unterschiedlich sind auch die mentalen Belastungen der Lebensbewältigung und Erlebnisverarbeitung sowie die realen Lebensbedingungen und Lebensperspektiven beider Migranten in unserem Land. 

Genau dies sind aber auch Einflussfaktoren auf die psychische Gesundheit von Migrantinnen und Migranten, die dann in einem Fall  zur Überforderung, zum Zusammenbruch des mentalen Systems  führen können.

 

Die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund in unserem Land hat in den letzten 10 Jahren kontinuierlich zugenommen.

Im Jahre 2010 hatten 23,3% der nordrheinwestfälischen Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Dabei weisen insbesondere die kreisfreien Städte hohe Anteile von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte auf: Wuppertal 33,2 %, Leverkusen 33,0 %, Köln 31,5 %, Düsseldorf 30,9 %, um nur einige zu nennen.

 

Die  Integration von Menschen mit Migrationshintergrund ist eine gesellschaftliche und politische Querschnittsaufgabe, die alle Bereiche und Ebenen des gesellschaftlichen und politischen Lebens berührt. Die Kommunen sind hier besonders gefordert, denn sie sind der Ort, wo das gesellschaftliche Zusammenleben konkret und alltäglich stattfindet und immer wieder gestaltet werden muss: in den Stadtteilen und Wohnvierteln, den Kindergärten und Schulen, den Behörden, oder eben auch den Gesundheits- und Sozialeinrichtungen.

 

In den Kommunen des Rheinlandes, die über einen hohen Migrantenanteil verfügen, werden Integrationsaufgaben seit vielen Jahren mit großem Engagement wahrgenommen.

Die Komplexität der Aufgabe „Integration“, die in alle sozialen und kulturellen Belange der Gesellschaft eingreift, macht es notwendig, die Rolle der Kommune als die eines Akteurs unter anderen zu sehen. Sie benötigt für den Erfolg von Integration das Zusammenwirken von Einzelpersonen, Gruppen und Organisationen. Und so sind in den letzten Jahren in vielen Kommunen regelrechte Netzwerke  entstanden, die sich in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen um die Interessen und Bedürfnisse von Menschen Migrationshintergrund kümmern. Hier beteiligen sich in zum Teil erheblichen Umfang die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege ebenso wie Verbände und Selbstorganisationen von Migrantinnen und Migranten unterschiedlicher kultureller Herkunft. Herzlichen Dank dafür!

 

Auch der LVR als kommunaler Verband setzt im Rahmen seines Aufgabengebietes die Integrationspolitik mit hohem Engagement  fort.

Dies gilt auch für den Aufgabenbereich der psychiatrischen Versorgung im Rheinland.

 

Die politische Vertretung des LVR hat hier in den vergangenen 10 Jahren zahlreiche Fördermaßnahmen zur psychiatrischen Versorgung von Menschen mit Migrationshintergrund auf den Weg gebracht. Dabei ist der LVR nicht nur Träger der 9 psychiatrischen LVR-Kliniken, sondern auch Impulsgeber für die gemeindepsychiatrische Versorgung außerhalb der Kliniken in seinen Gebietskörperschaften.

 

Ziel der Förderung im klinischen wie im außerklinischen Bereich ist es, die spezifischen Probleme beim Zugang und bei der Inanspruchnahme medizinischer, psychiatrischer, psychotherapeutischer und psychosozialer Hilfsangebote durch psychisch kranken Migrantinnen und Migranten abzubauen sowie zielgruppenspezifische und kultursensible Behandlungs- und Versorgungsansätze zu entwickeln.

 

Dabei soll - und das ist mir unter Inklusionsgesichtspunkten besonders wichtig - kein neues Versorgungssystem für Migrantinnen und Migranten aufgebaut werden, sondern die Zugänglichkeit in das bestehende System der Gemeindepsychiatrie und der psychiatrischen Krankenhausversorgung soll erleichtert werden.

Der LVR stellt für die Förderprogramme jährlich 450.000 Euro bereit.

 

Meine Damen und Herren,

 

„Gelebte Integration“ - so der einführende Begriff im Titel dieser Tagung, gibt  uns mehrere Botschaften für diese Veranstaltung und für das weitere Handeln auf den Weg:

 

„Gelebte Integration“  ist zu verstehen als

 

•      ein humanes und politisches Versprechen an die hier lebenden Menschen mit Migrationshintergrund, das uns, die aufnehmende Gesellschaft, Verpflichtung ist.

 

•      „Gelebte Integration“  ist Ziel und Auftrag an die Institutionen und Dienste sowie die in ihnen professionell tätigen Menschen, um die Sensibilität und das Engagement wach zu halten.

 

•      „Gelebte Integration“  ist auch eine Erfolgsmeldung, im Sinne der Anerkennung von Gelingendem und Gelungenem, als Ermutigung, durch gute Praxis in den Bemühungen um Integration nicht nachzulassen.

 

In diesem Sinne wünsche ich uns und Ihnen einen guten Tagungsverlauf. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Martin Kresse * Von-Limburg-Str. 5

41352 Korschenbroich * Tel 02166/83904 Fax 135680
zurück zur Homepage oder und Hier mein PGP-Schlüssel