Herrn
Landrat Dieter Patt
Fax-Nr. 9282400
Sehr geehrter Herr Patt,
wir bitten Sie, die Tagesordnung der Kreistagssitzung am 13. Juni
2001 um den Punkt "Öffnung des Arbeitsmarktes für
Asylbewerber und geduldete Flüchtlinge" zu erweitern
und beantragen hierzu den Beschluss nachstehender Resolution an
die im Landtag vertretenen Fraktionen der SPD, CDU, Bündnis
90/DIE GRÜNEN, F.D.P., Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf
"Sehr geehrte Damen und Herren, in seiner Sitzung am 13. Juni 2001 beschloss der Kreistag Neuss einstimmig folgende Resolution zur Öffnung des Arbeitsmarktes für Asylbewerber und geduldete Flüchtlinge:
Der Kreistag Neuss fordert die Landesregierung
NRW auf, sich gegenüber dem Landesarbeitsamt NRW und auf
Bundesebene dafür einzusetzen, dass
§ die Negativlisten, für die nach globaler Arbeitsmarktprüfung keine Arbeitserlaubnis erteilt werden darf, ersatzlos gestrichen werden,
§ die Prüffrist im Rahmen der individuellen Arbeitsmarktprüfung deutlich auf 1 bis 2 Wochen verkürzt wird,
§ Asylbewerber
und Flüchtlinge nach drei Jahren Aufenthalt in der BRD unabhängig
von ihrem Verfahrensstand und Aufenthaltsstatus einen gleichberechtigten
Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten.
Der Kreistag Neuss beauftragt den Landrat, diesen Beschluss weiterzuleiten an
§ die Landesregierung NRW
§ die Fraktionen im Landtag NRW mit der Bitte um Unterstützung
§ den
Städtetag NRW mit der Bitte um Unterstützung
Begründung:
Seit dem 01. Januar diesen Jahres dürfen Asylbewerber und geduldete Ausländer nach einer einjährigen Wartezeit in Deutschland arbeiten und Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge, die eine Aufenthaltsbefugnis nach § 32 a Ausländergesetz haben, stehen ohne Wartezeit dem deutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung.
Soweit die Theorie, die Praxis sieht anders
aus. Vor der Arbeitsaufnahme gilt es zu prüfen, ob nicht
ein bevorrechtigter Arbeitnehmer - also ein arbeitsloser Deutscher,
EU-Ausländer oder ein Ausländer mit unbefristeter Aufenthaltserlaubnis
- für die Stelle zur Verfügung steht. Während in
fast allen anderen Bundesländern die Prüfung im Einzelfall
entschieden wird, gibt es in NRW nach wie vor eine Sperrliste
für bestimmte Berufsgruppen. Diese Sperrliste umfasst immerhin
60 Berufe, darunter auch solche wie Raumpfleger oder Lagerhelfer.
De facto bleibt also das Arbeitsverbot für Asylbewerber und
Bürgerkriegsflüchtlinge in unserem Land so gut wie bestehen.
Das hat nicht nur gravierende negative Auswirkungen
auf die Finanzen der Gemeinden, die für die Sozialhilfe aufkommen
müssen, sondern auch auf unsere Wirtschaft, der die Arbeitskräfte
fehlen. Denn oft findet sich gar kein bevorrechtigter Arbeitsloser,
der die Stelle annehmen will. Die Folge ist, dass arbeitswillige
Asylbewerber und Flüchtlinge in den ungeschützten Schwarzmarkt
abgedrängt werden. Unsere Sozialkassen gehen dadurch wichtige
Beiträge verloren.
Negative Auswirkungen hat die Regelung aber
auch auf das Ansehen der Asylbewerber und Flüchtlinge bei
der deutschen Bevölkerung, die nur sieht, dass diese Menschen
nicht arbeiten, sondern von der Sozialhilfe leben, und auch auf
die Selbstachtung der Betroffenen.
Es gehört unendlich viel Mut und Selbstvertrauen
dazu, sein Land zu verlassen und dort alles aufzugeben, auch wenn
politische Verfolgung oder Krieg in der Heimat der Grund dazu
sind. Dieses Potential sollten wir nicht blockieren, sondern gezielt
nutzen.
Ich bitte Sie freundlich, dieses Anliegen
des Kreistages Neuss zu unterstützen."
Mit freundlichen Grüßen
Bündnis 90 / DIE GRÜNEN
im Kreistag Neuss
Erhard Demmer
Fraktionsvorsitzender
D/ Fraktionsgeschäftsstellen der CDU, SPD und FDP
Leider wurde die Resolution, die im NRW-Landtag und im Aachener Stadtradt einstimmig Zustimmung fand, von der CDU im Kreistag Neuss nicht unterstützt.