Bündnis 90/Die Grünen Kreis Neuss Haushaltsrede Sozialbereich 18. Februar 1997
Stichworte von Martin Kresse (Sozialpolitischer Sprecher)
GLOBAL:
Nicht die Sozialhilfeausgaben sind zu hoch, sondern die Zahl der Arbeitslosen!
Die verfehlte Arbeitsmarktpolitk plündert die Kasse des Kreises Neuss direkt durch steigende Sozialhilfeausgaben. Nicht genug: Die Neuregelung des sog. Arbeitsförderungsreformgesetzes grenzt immer mehr von Arbeitslosigkeit Betroffene aus. Sie kommen nicht mehr in "Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen" des Arbeitsamtes. Neben ihrer individuellen Demütigung, nicht mehr gebraucht zu werden, erhalten sie auch kein Arbeitslosengeld mehr, nur noch reduzierte Arbeitslosenhilfe, den Rest muß die Sozialhilfe dazutun. Ob Verschärfung der Zumutbarkeitsregelung oder Heraufsetzung der Altersgrenze für den verlängerten Arbeitslosengeldanspruch, immer schneller sind Arbeitslose auf Sozialhilfe angewiesen. Der Sozialdezernent des Landkreistages, Herr Siegfried Gaertner rechnet vor, daß sich die Bonner Regierung so um etwa 2,1 Milliarden Mark zu Lasten der kreisfreien Städte und Kreise saniert.
Ein anderes Beispiel: der gesetzlich garantierte
Kindergartenplatz für dreijährige Jungen und Mädchen zählt
auch zu den offenkundigen Fällen, wo sich die Bonner Regierung
die familienpolitische Wohltat von den Städten und Gemeinden
bezahlen läßt.
LOKAL:
Die Kreisverwaltung hat unsere Kritik aus den letzten Jahren
aufgenommen und einen Haushaltsentwurf aufgestellt, der den
Kriterien von Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit näher
kommt: Die sog. Budgetierung im Unterabschnitt
"Förderung der Wohlfahrtspflege" wurde aufgegeben. Die
Ausgaben für die Beratung im Rahmen des Pflegegesetzes
erscheinen als Einnahme und als Ausgabe, eine solche Transparenz
gibt es für die Zuschüsse zur Pflegekonfernz noch nicht. Da
versickern die Einnahmen im Haushalt.
Erstmals wurde auch versucht, Transparenz herzustellen
und allen Fraktionen ein Protokoll der Besprechung mit den
Wohlfahrtsverbände und der Kreisverwaltung zum Haushalt zur
Verfügung gestellt. Wir hätten es besser gefunden, wie in der
Pflegekonferenz oder beim Behindertenfahrdienst auch, direkt
teilzunehmen, aber immerhin, der gute Wille, mit Klüngelei aufzuhören,
ist erkennbar.
Der gravierendste Mangel bei den Haushaltsberatungen war, daß
die Förderung des Behindertenfahrdienstes nicht in der
Resteliste enthalten war, denn die Verwaltung konnte trotz über
einjähriger Vorbereitungszeit keine entscheidungsreife Vorlage
liefern. Dabei hatten wir durch private Anbieter für frischen
Wind in verkrusteten Strukturen gesorgt.
Unser Ziel ist es, im Sozialbereich mit dem Budget des letzten Jahres auszukommen, angesichts der durch Massenarbeitslosigkeit u.ä. entstandenen Not ein bescheidener Ansatz.
Auch müssen wir berücksichtigen, daß durch die
Pflegeversicherung der Kreis Neuss Einsparungen in der Pflege und
bei den Sozialstationen Einsparungen in zweistelliger
Millionenhöhe hat. Trotzdem hat die Kreisverwaltung den
Unterabschnitt "Förderung der Wohlfahrtspflege" um über
eine halbe Millionen DM gekürzt, ein auf Grund der
katastrophalen sozialen Lage unhaltbarer Zustand.
Im Sozialbereich wollten wir auch sparen und hatten vorgeschlagen: der Behindertenfahrdienst ist möglicherweise in privater Hand kostengünstiger und kundenfreundlicher zu gestalten. Aber private Anbieter bekommen keine reelle Chance und die bisherigen Anbieter lassen sich nicht in die Karten gucken. Die Kreisverwaltung hat auch nicht konsequent genug verhandelt.
Auch für das Neurophysiologische Zentrum wollen wir - wie
schon im vergangenen Jahr - keine Kreiszuschüsse gewähren und
konsequent privatisieren. Alle anderen krankengymnastische Praxen müssen
sich auch privat rechnen und mit Geldern der Krankenkasse
auskommen. Es ist für uns unerträglich, wie mit kommunalen
Geldern eine große private krankengymnastische Praxis mit umstrittenem
Ruf reich gemacht wird. Und das bei einem Millionenetare: statt
Kosten zu senken werden erkennbar im Haushalt der Stadt Neuss
Überschüsse erwirtschaftet. Wohin fließen sie? Das ist
skandalös.
Bei dieser Grundüberzeugung möchten wir das Förderprogramm "Arbeit statt Sozialhilfe" weiter aufstocken und werden weitere arbeitsmarktpolitische Vorschläge machen. Bei einem unveränderten Haushaltsansatz von 4,5 Mill. DM im Unterabschnitt "Förderung der Wohlfahrtspflege" wollen wir die Ansätze der Resteliste und die Ausländerberatung, die Selbsthilfe, der Behindertenfahrdienst, der sozialpsychiatrischen Hilfsverein Meerbusch im notwendigen Umfang fördern. Unser Ziel: kein Sozialabbau im Kreis Neuss!
Investitionskosten im Bereich der Altenhilfe haben wir zurückgestellt, bis nähere Infos vorliegen. Vom Grundsatz ist das Erhaltungsaufwand und muß von den Trägern finanziert werden. Auch wollen wir keine Großheime mehr fördern, Bedarf ist nur noch im Betreuten Wohnen für Senioren und teilstationären Altenhilfebereich.
Martin Kresse * Von-Limburg-Str.
5
41352 Korschenbroich * Tel 02166/83904 Fax 135680
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