LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN

Drucksache 13/2544

13. Wahlperiode

 

 

19.04.2002

 

 

Antwort

 

der Landesregierung

 

auf die Kleine Anfrage 698

des Abgeordneten Oliver Keymis GRÜNE

Drucksache 13/2219

 

 

 

Immobilienschäden im Bereich der Städte Korschenbroich und Kaarst (Kreis Neuss) durch Wiederanstieg des Grundwassers in Folge der Westverlagerung der rheinischen Braunkohletagebaue

 

 

 

Hier zum Wortlaut der Kleinen Anfrage 698 vom 28. Januar 2002

 

 

 

 

Antwort des Ministerpräsidenten vom 17. April 2002 für die Landesregierung im Einvernehmen mit dem Innenminister, dem Minister für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport, der Ministerin für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und dem Minister für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr:

 

 

Vorbemerkung

 

In den Städten Korschenbroich und Kaarst liegen von Natur aus hohe Grundwasserstände vor. Hier ist es in den letzten 20 Jahren wiederholt niederschlagsbedingt zu Vernässungen von Kellern gekommen. Insbesondere seit dem Winter 1999/2000 werden vonseiten der Bürger im Raume Korschenbroich steigende Grundwasserstände und Kellervernässungen beklagt.

 

Die Grundwassersituation im Raume Korschenbroich steht zum Teil unter dem Sümpfungseinfluss des laufenden Braunkohlentagebaues Garzweiler I, der in westliche Richtung in dem Tagebau Garzweiler II seine Fortsetzung finden wird. Im Zuge der Wanderung des Tagebaus Garzweiler nach Westen und insbesondere nach Beendigung des künftigen Abbaues wird das Grundwasser innerhalb einiger Jahrzehnte wieder auf sein natürliches, hohes Niveau ansteigen.

 

Die gegenwärtigen Vernässungen finden in einer Zeit statt, in der die bergbaubedingten Grundwasserabsenkungen am größten sind; dieser Sümpfungseinfluss wird sich in den nächsten 5 bis 6 Jahren quantitativ ändern.

Dies macht deutlich, dass die gegenwärtige Problematik im Wesentlichen nicht tagebaubedingt ist, sondern die natürlichen Grundwasserschwankungen in diesem Raume widerspiegelt und insoweit auch losgelöst von den Planungen und Aktivitäten des Braunkohlenbergbaus zu betrachten ist.

 

In der Vorbemerkung zu der Kleinen Anfrage wird auch die Frage aufgeworfen, ob die Situation in Korschenbroich vergleichbar ist mit der im Lausitzer Braunkohlenrevier, speziell in der Stadt Hoyerswerda, wo nach Beendigung der Abbaumaßnahmen ebenfalls die Grundwasserstände wieder auf ihr hohes natürliches Niveau ansteigen. Zum Schutz von Gebäuden werden dort die Grundwasserstände mit hydraulischen Maßnahmen (Horizontalfilterbrunnen, Randgraben) auf einem niedrigen Niveau gehalten.

 

Die Landesregierung hat in der Beantwortung der Kleinen Anfrage 713 der Abgeordneten Dr. Hans-Ulrich Klose, Karl Kress und Heinz Sahnen CDU, dargelegt, dass dem folgender Zusammenhang zugrunde liegt:

 

 

In der Rechtsnachfolge des staatlichen Bergbaus der ehemaligen DDR haben vereinigungs- und privatisierungsbedingt der Bund, das Land Berlin und die fünf neuen Bundesländer im Interesse der Beseitigung des Investitionshemmnisses "Altlasten" und der Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen ein Programm zur Finanzierung der erforderlichen Maßnahmen vereinbart. Ergänzend hat das Land Sachsen im Raume Hoyerswerda die Maßnahmenkosten im Bereich bergbaubedingten Grundwasseranstiegs übernommen. Dies steht im Zusammenhang mit Regierungsbeschlüssen der ehemaligen DDR, wonach die Beschäftigten der umliegenden Tagebaue und des Kombinats "Schwarze Pumpe" bewusst in einem Gebiet angesiedelt wurden, dessen Geländeniveau in etwa der Höhe der natürlichen Grundwasserstände entspricht. Nach damaliger Planung sollten nach Beendigung des Braunkohlentagebaus dauerhaft Pumpten eingesetzt werden.

 

Auch ist darauf hinzuweisen, dass - anders als in Hoyerswerda - im Raume Korschenbroich, trotz der Braunkohlentagebaue, intakte Wasserversorgungsstrukturen vorliegen. Die Wasserwerksstandorte existieren hier noch so, wie sie bereits vor Beginn des Bergbaus und der damit verbundenen Sümpfungsmaßnahmen bestanden und die Einzugsgebiete der Wasserwerke liegen dicht nebeneinander, so dass bei maßgeblichen Grundwasserentnahmen eine Beeinträchtigung der öffentlichen Wasserversorgung erfolgen würde. Vor allem auch deshalb sind sowohl aus wasserwirtschaftlicher als auch aus wasserrechtlicher Sicht im Raume Korschenbroich - im Gegensatz zu Hoyerswerda - großräumige hydraulische Maßnahmen nicht zulässig.

 

Damit wird deutlich, dass als langfristige Lösung im Raum Korschenbroich insbesondere bautechnische Maßnahmen in Betracht kommen. Dies wird im Einzelnen aber erst zu bewerten und zu konkretisieren sein, wenn die laufenden Arbeiten zur Schaffung einer tragfähigen Beurteilungsgrundlage abgeschlossen sind. Bei diesen Untersuchungen, die z. T. vom Land finanziert werden, handelt es sich um

 

  • die gebäudescharfe Betroffenheitsanalyse (Prof. Düllmann, Aachen),
  • ein bautechnisches Gutachten (Prof. Brameshuber, Aachen) und
  • ein Grundwasserströmungsmodell (Erftverband, Bergheim).

 

Die Ergebnisse werden voraussichtlich im Mai 2002 vorliegen.

 

 

Zur Frage 1

 

Welche aus Beteiligungsverfahren hervorgehenden Rahmenbedingungen und tatsächlichen Festsetzungen zur Grundwasserbewirtschaftung für den Betrieb der rheinischen Braunkohletagebaue sind gegenüber dem Bergbautreibenden verbindlich?

 

Die bergbaulichen Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Tagebau Garzweiler I/II beruhen auf dem Braunkohlenplan Frimmersdorf und seinen Vorläufern (zuletzt geändert mit Genehmigung vom 19. September 1984) sowie dem Braunkohlenplan Garz-weiler II (genehmigt am 31. März 1995). Die wasserwirtschaftlich relevanten Inhalte der Braunkohlenpläne werden in bergrechtlichen Betriebsplänen und wasserrechtlichen Erlaubnissen umgesetzt. Wesentliche verbindliche Forderungen sind, dass die Sümpfungsmenge auf das für den Abbau notwendige Maß zu minimieren ist und zum Erhalt der Oberflächengewässer und Feuchtgebiete Anreicherungen (Versickerungs- und Einleitungsmaßnahmen) durchzuführen und solange fortzuführen sind, bis ein endgültiger Grundwasserstand im abgesenkten Bereich erreicht ist, der nur noch den natürlichen Schwankungen unterliegt und den Trockenwetterabfluss der Vorfluter sicherstellt. Der Bergbautreibende hat den hydrologischen Zustand der Zeit vor Abbaubeginn grundsätzlich wieder herzustellen.

 

 

Zur Frage 2

 

Können diese auch für das Planungshandeln der betroffenen Kommunen als bekannt vorausgesetzt werden?

 

Ja.

 

Zur Frage 3

 

Ist die Forderung, den Bergbaubetreiber RWE/Rheinbraun zu verpflichten, die Sümpfungsmaßnahmen für den Tagebau Garzweiler so zu steuern, dass der mit der Verlagerung des Abbaugeschehens verbundene Grundwasseranstieg keine Gebäudeschäden verursachen kann, vereinbar mit dem geltenden Betriebsplan dieses Tagebaus?

 

Die Forderung ist nicht vereinbar mit den geltenden Betriebsplänen und wasserrechtlichen Erlaubnissen und führte nicht zur Lösung der steigenden Grundwasserstände in Korschenbroich.

 

Sowohl in der Zulassung des Rahmenbetriebsplans Garzweiler I/II, als auch in der wasserrechtlichen Erlaubnis zur Sümpfung wird dem Bergbautreibenden verpflichtend auferlegt, maximal nur so viel Wasser zu fördern, wie dies für einen sicheren Abbau erforderlich ist.

 

Abgesehen davon besteht für den Bergbautreibenden durch die wasserrechtliche Erlaubnis nicht auch die Verpflichtung zu Sümpfung.

 

Unabhängig von den rechtlichen Voraussetzungen macht es vor allem auch wasserwirtschaftlich keinen Sinn, den Bergbautreibenden zu verpflichten, die Sümpfung weiter zu betreiben.

 

Wie bereits in der Vorbemerkung dargelegt, sind nach vorliegenden Erkenntnissen die derzeitigen Kellervernässungen im Raum Korschenbroich auf Niederschläge zurückzuführen. Weiterhin gibt es Bereiche, die nicht unter Sümpfungseinfluss stehen und Kellervernässungen haben. Auch dies zeigt, dass hier durch den Weiterbetrieb der Sümpfungsbrunnen nichts bewirkt würde.

 

 

Zur Frage 4

 

Wenn diese Möglichkeit nach dem Betriebsplan in seiner jetzigen Ausgestaltung nicht gegeben ist: ist es im Rahmen des geltenden Braunkohleplanverfahrens rechtlich möglich, eine erteilte Betriebsgenehmigung im geforderten Sinne zu verändern?

 

Nein.

 

In Braunkohlenplänen können nur Ziele der Raumordnung und Landesplanung festgelegt werden, soweit dies für eine geordnete Braunkohlenplanung erforderlich ist.

 

Darüber hinaus haben die bergbaulichen Aktivitäten, denen die Braunkohlenpläne zugrunde liegen, keinen maßgeblichen Einfluss auf die gegenwärtige Problematik im Raum Korschenbroich. Es gibt daher keinen Grund, die rechtsgültigen Braunkohlenpläne zu ändern.

 

Zur Frage 5

 

Gibt es nach Darstellung der Landesregierung eine Vergleichbarkeit der tatsächlichen und rechtlichen Problemlagen zwischen der Stadt Hoyerswerda in Sachsen einerseits und den Städten Korschenbroich und Kaarst im Kreis Neuss in NRW andererseits und hat die Landesregierung NRW eine Möglichkeit, in gleicher Weise wie die sächsische Landesregierung zusammen mit der Bundesregierung, eine langfristige Lösung des Grundwasserproblems mitzufinanzieren?

 

Die Situation in der Lausitz ist mit jener im Raum Korschenbroich nicht vergleichbar. Abgesehen vom unterschiedlichen wasserwirtschaftlichen, bergbaulichen und rechtlichen Hintergrund liegt der Vorgehensweise der Bundesregierung und der betroffenen Landesregierungen zugunsten der Lausitz insbesondere die vereinigungsbedingte Gesamtsituation zugrunde. Die dortigen Regelungen sind nicht übertragbar.

 

Ein langfristig wirksames Lösungskonzept wird erst zu formulieren sein, wenn die in der Vorbemerkung aufgeführten Untersuchungen abgeschlossen sind. Die Landesregierung erwartet, dass dann ein klares Bild zur konkreten Betroffenheit sowie zu Art, Umfang und Wirksamkeit der notwendigen Maßnahme besteht

 

Wolfgang Clement

Martin Kresse * Von-Limburg-Str. 5

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