Mein Kommentar zum Sozialbereich Kreis-Haushalt 2002
07. März 2002
Wir beklagen sehr, dass der kommunalen Familie die Einnahmen wegbrechen.
Zum Ersten zeigt sich, dass alle staatlichen Ebenen erhebliche Steuerausfälle zu verkraften haben. Noch Ende der 60er Jahre hat sich der Staat zu 35 Prozent über die Besteuerung der Gewinne finanziert, heute sind es noch knapp 20 Prozent. Die Großkonzerne brauchen kaum noch Steuern zu zahlen, gleichzeitig steigen bei den Global Player die Gewinne und die Aktionäre werden gut bedient. Wir müssen mehr unternehmen, um die Einnahmegrundlage der Kommunen und der sozialen Sicherungssystem zu verbessern. Sonst droht, dass das Gemeinwesen auf der Strecke bleibt und sozialstaatliche Errungenschaften nicht mehr finanziert werden können.
Zum Zweiten müssen wir uns dagegenstemmen, dass Bund und Land Aufgaben an die Kommunen abgeben, ohne für die Finanzausstattung zu sorgen. Diese Praxis hat eine lange Tradition, diese Verschiebung hat es auch schon unter Kohl gegeben, ich erinnere nur an die Kindergartenplätze. Viele fragen, ist unser Rheinischer Kapitalismus am Ende und damit der soziale Friede gefährdet.
Bei dieser schwierigen Ausgangslage fragen wir uns: wie ist die Struktur im Kreis Neuss weiterzuentwickeln?
Erneut treten wir dafür ein, konsequent Arbeit für Sozialhilfeempfänger zu schaffen und so bei den Sozialhilfekosten zu sparen. In diesem Jahr ist die Sozialhilferegelung zwischen dem Kreis Neuss und den Kommunen schlechter als die gesetzliche Lösung: am Kreis Neuss bleiben mehr Sozialhilfekosten hängen als gesetzlich vorgesehen sind und Regelungen zur Beschäftigungsförderung fehlen völlig. Deswegen wollten wir vermehrt in Beschäftigungsförderung und Qualifizierung investieren und Sozialhilfekosten senken. Erneut gehen Sie diesen Weg nicht konsequent mit. Und auch in einem anderen sozialpolitischen Herausforderung bleiben Sie passiv:
Es fehlen 400 Plätze in Altenheimen im Kreis Neuss. Ob das die Verwaltung versäumt hat oder die Politik, Schuldzuweisungen helfen nicht weiter, sondern zügige Hilfe. Statt sofort zu helfen bringt die CDU heute nur symbolische Politik, eine Resolution, in sich falsch und widersprüchlich, aber dazu beim entsprechenden Tagesordnungspunkt mehr. Wir hatten Geld für zwei Heime im Haushalt vorgeschlagen, nachdem die CDU im Landschaftsverband keine Mittel mehr für Objektförderung von Pflegeheimen eingestellt hatte. Die CDU hofft aber auf die Umstellung auf Subjektförderung durch Pflegewohngeld. Damit ist das Land vorschnell völlig aus der Verpflichtung. Die Rechnung muss dann der Kreis beim Pflegewohngeld allein bezahlen. Aber diese gesamtgesellschaftliche Verpflichtung, gut für alte Menschen zu sorgen, kann nicht nur von der untersten Ebene geschultert werden. Und die Steuerung geht verloren und es ist zu befürchten, dass die Kosten beim Kreis Neuss explodieren. Wir werden uns auf Landesebene solange gegen diesen Systemwechsel stemmen, bis Probleme bei der Steuerung und Qualität gelöst sind. Der Altenhilfebereich kann nicht durch Marktmechanismen gesteuert werden, weil alte, oft auch geistig verwirrte Menschen nicht mehr wählen können.. Weil die Novelle des Pflegegesetzes NW umfangreich ausfallen wird, wird eine neue Finanzierung nicht so schnell kommen können. Ihre Entscheidung im Landschaftsverband und Kreis führ zu einem Stillstand von über einem Jahr. Wir im Kreis Neuss haben aber mit über 400 fehlenden Pflegeplätze erheblichen Handlungsbedarf und dürfen nicht länger warten. Und weil die Objektförderung für den Kreis Neuss preiswerter ist, haben wir im Haushalt entsprechende Mittel für zwei Pflegeheime eingestellt. Leider haben Sie sich dagegen ausgesprochen. Spätestens jetzt machen wir sie verantwortlich für den Pflegeheimnotstand im Kreis Neuss.
Ihr Abwarten belastet nicht nur den sozialen Frieden im Kreisgebiet, mit ihrem Abwarten treiben sie auch die Kosten und Schulden in die Höhe, da hilft auch nicht, wenn wir jetzt endlich mehr Schuldnerberater im Kreis Neuss haben und sie einen 3 Jahre alten Antrag von Bündnis 90/Die Grünen endlich umsetzen. Denn die helfen endlich, aber nur Privatleuten.
Beim Thema Hilfen für Grundwassergeschädigte hat die CDU schon viel Porzellan zerschlagen. Wie schon bei der Freigabe von Sumpfgebieten zu Bauland betrügen sie die Bürger erneut und machen falsche Finanzierungshoffnungen mit dem Verweis auf Hoyerswerda und das hessische Ried. Sie belasten durch unangemessene Vergleiche die Beziehung zu den anderen politischen Kräfte in dieser Region und zur Landesregierung. Dabei brauchen sie diese Unterstützung. Die CDU versucht krampfhaft eine Position der Stärke aufzubauen und macht dadurch aber alles schlimmer. Kein bisschen Selbstkritik bei Ihnen von der CDU. Offensichtlich verhindert die jahrzehntelange absolutistische - Verzeihung absolute - Mehrheit in der Stadt Korschenbroich und im Kreis Neuss die Fähigkeit zur Kooperation. Deswegen müssen sie sich langsam fragen, warum andere ihnen helfen sollten, den Karren aus dem Dreck zu ziehen, den sie da hinein gesetzt haben und weiter hineinreiten. Wir Grüne wollen den Bürgerinnen und Bürgern helfen und sind zur Kooperation mit ihnen und der CDU bereit. Machen sie es uns nach, gehen sie auf die Bürgerinnen und Bürger zu. Wir Grüne übernehmen die politische Mitverantwortung, wir entschuldigen uns bei den Bürgerinnen und Bürger, wir hätten noch deutlicher sagen müssen, Garzweiler ist nicht beherrschbar!
Und hier die Haushaltsrede vom Fraktionsvorsitzenden Erhard Demmer
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