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Köln, 13. Januar 2004

 

Entwurf einer Resolution des Sozialausschusses im LVR zur neuen Zuzahlungsregelung

 

I.       Im Rheinland leben etwa 24.000 Menschen in Wohnheimen der Eingliederungshilfe. Der Landschaftsverband Rheinland ist hier für fast alle Bewohnerinnen und Bewohner Kostenträger. In Pflegeheimen werden im Rheinland ca. 80.000 Menschen betreut, etwa die Hälfte davon sind SozialhilfeempfängerInnen.

SozialhilfeempfängerInnen  in diesen stationären Einrichtungen sind nun verpflichtet, jährlich ca. 70 Euro als Zuzahlung aus ihrem Barbetrag zur freien Verfügung (Taschengeld) hinzuzuzahlen. Diese Zuzahlungsgrenze wird oft schon in den ersten Wochen erreicht, denn der Barbetrag für einen Monat beträgt 88,80 Euro. Diese Zuzahlungsverpflichtung ist damit völlig unverhältnismäßig. Die Abrechnung der Zuzahlung überfordert viele Bewohnerinnen und Bewohner, so dass das Betreuungs- oder Pflegepersonal hier tätig werden muss oder eine Verwaltungskraft. Dies geht zu Lasten der pflegerischen oder pädagogischen Versorgung. Der mit der Zuzahlung gewünschte kostenmindernde Steuerungseffekt (Hausarzt-Modell unterstützen, Doktor-Hopping verhindern) wird in der Pflege- oder Einrichtungshilfe auf anderem Wege erreicht: Z.B. sind über die Hälfte der PflegeheimbewohnerInnen stark dement und müssen zum Arzt begleitet oder von ihm besucht werden. Auch in Heimen der Eingliederungshilfe findet durch das pädagogische Personal ggf. eine intensive Steuerung zum Arzt hin statt, um Eingliederungserfolge zu erreichen und abzusichern. Viele BewohnerInnen müssen auf Grund ihrer Erkrankung zur ärztlichen Versorgung und Medikation motiviert werden. Die jetzt beschlossene Zuzahlung ist ungerecht hoch und kontraproduktiv, weil BewohnerInnen Arztbesuche und Medikamente stärker meiden werden, um der Zuzahlung zu entgehen und damit eine gesundheitliche Verschlechterung riskieren, was teure Krankenhausaufenthalte nach sich ziehen könnte.

 

II.      Noch stärker benachteiligt sind Menschen im Bereich der ambulanten Eingliederungshilfe. Der Landschaftsverband Rheinland ist seit einem halben Jahr Kostenträger auch der ambulanten Hilfen zum Wohnen im Rahmen der Eingliederungshilfe. Ziel der Zusammenführung der ambulanten und stationären Hilfen zum Wohnen in eine Hand ist, durch den Ausbau des Betreuten Wohnens (ambulante Eingliederungshilfe) den gesetzlichen Vorrang ambulanter Hilfen zu realisieren und Kosten der Eingliederungshilfe zu begrenzen. Die Betroffenen müssen bei der ambulanten Eingliederungshilfe aus dem Sozialhilfe-Regelsatz und ggf. einem behinderungsbedingten Mehrbedarf die gesamte Existenz sicherstellen, was schon bisher eine enorme Herausforderung darstellte. Im Gegensatz dazu ist die Vollversorgung im Heim einfacher zu realisieren und somit attraktiver, weil da die Rundumversorgung dem Betroffenen alles abnimmt – auch die Regelung der Zuzahlung – und immerhin der Barbetrag, jetzt um die Zuzahlung gekürzt, zur freien Verfügung bleibt. Gelegentlich wird argumentiert, die einheitliche Überforderungsgrenze bei der normalen Bevölkerung und bei Sozialhilfeempfängern ist gleich und gerecht. Übersehen wird dabei aber: Die Überforderungsgrenze führt bei der normalen Bevölkerung möglicherweise zu Komfortverzicht; bei Sozialhilfeempfänger ist hingegen das Existenzminimum bedroht! Die Zuzahlung macht das ambulante Wohnen unattraktiver, denn die Sozialhilfe-EmpfängerInnen müssen das aus ihrem existenzsichernden Regelsatz bezahlen. Überlegungen, die Zuzahlungen durch die Sozialhilfeträger zu kompensieren, sind völlig abwegig, müssen doch die kommunalen Haushalte entlastet werden. Wir als Kostenträger haben ein Interesse an einer behindertengerechten, selbstbestimmten und kostengünstigen Lösung und wollen die ambulanten Wohnformen in der Eingliederungshilfe attraktiver machen, damit mehr Betroffenen diese Lebensform wählen. Die Zuzahlung ist hierfür kontraproduktiv.

 

Weil die beschlossene Zuzahlungsregelung SozialhilfeempfängerInnen unverhältnismäßig und  stärker als alle anderen belastet und indirekt auch die Sozialhilfeträger, fordert der Sozialausschusses im LVR die Fraktionen im Deutschen Bundestag, den Bundesrat und die Bundesregierung auf, die Zuzahlungspflicht erwaltungstechnisch  zu vereinfachen und für Sozialhilfe-EmpfängerInnen wieder zurückzunehmen.

Martin Kresse * Von-Limburg-Str. 5

41352 Korschenbroich * Tel 02166/83904 Fax 135680
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